Französisch-Somali und Abessinien

Französisch-Somali und Abessinien

Französisch-Somali und Abessinien.


1. Die Bahn Dschibuti-Dire-Dauah. Wie für Frankreich der Wunsch, einen militärischen Stützpunkt an der Straße nach Ostasien zu gewinnen, der wesentlichste Beweggrund für die Besitznahme der Somali-Kolonie war, so gab ihm die Anlage der äthiopischen Eisenbahn Dschibuti-Harrar durch Erschließung eines ausgedehnten Hinterlandes die Möglichkeit, Dschibuti, die Hauptstadt der Kolonie, zu einem wichtigen Handelsmittelpunkt zu machen.

Nach Verfall einer vom König Menelik von Abessinien im Jahre 1880 erteilten Konzession zu einer Bahn von Obok nach Ankober, gewährte diese im Jahre 1894 zwei Unternehmern die Erlaubnis, eine Eisenbahn von Dschibuti über Harrar, Entotto und Kaffa an den Weißen Nil zu bauen. Die Konzession wurde später an die Gesellschaft der Französisch-äthiopischen Eisenbahn übertragen. Für die auf französischem Gebiet gelegene Anfangsstrecke erteilte die französische Regierung ihre Zustimmung. Wegen technischer Schwierigkeiten wurde die Bahn statt über Harrar über Dire-Dauah geführt und diese Strecke (310 km) am 24. August 1903 vollendet.

Die Bahn ist mit der 1 m-Spur, der Oberbau aus 20 kg m schweren Stahlschienen auf eisernen Querschwellen hergestellt. Die Baukosten betrugen rund 18,302.500 Fr., d. s. rund 59.040 Fr. km.

Die Bahn litt von Anfang an unter dem Wettbewerbe der Karawanenstraße von Zeila nach Harrar, die nach einem von Menelik im Jahre 1897 mit England abgeschlossenen Vertrag für den Handel der beiden Nationen geöffnet bleiben sollte. Der Karawanentransport zwischen Zeila und Harrar aber stellte sich billiger als die Bahnbeförderung; es kamen für die Bahn nur solche Erzeugnisse in Betracht, die wegen ihrer Schwere oder Geringwertigkeit die Kosten der Kamelbeförderung nicht vertragen (z.B. Häute). Die Bahn durchquert eine wüstenähnliche Gegend und erreicht kaum den Rand fruchtbarer Gebiete. Bisher hat den größten Nutzen der Hafen Dschibuti gehabt, dessen Aus- und Einfuhr sich seit 1900 stetig zu ungunsten von Zeila gehoben hat.

Die Wirtschaftsergebnisse haben sich seit 1910 erheblich gebessert. Der französische Staat hat vom 6. Februar 1902 ab auf 50 Jahre einen jährlichen Zuschuß von 500.000 Fr. an die Bahn übernommen.

Nach französischen Plänen soll die Bahn dereinst das Endglied der großen west-östlichen Sahara-Querbahn werden, die bei Dakar in St. Louis beginnend, längs des Senegal und Niger fortgeführt, einmal Ost- und Westafrika miteinander verbinden soll, ähnlich wie die Kap-Kairo-Bahn den Norden und Süden.


Betriebsergebnisse.


Französisch-Somali und Abessinien

2. Die Bahn Diredauah-Addis-Abeba. Die Fortführung der Bahn Dschibuti-Diredauah in westlicher Richtung, um rund 479 km, nach der Hauptstadt Addis-Abeba des Königs Menelik stieß auf vielerlei Schwierigkeiten, zum Teil politischer Art. Auch der Compagnie Impériale des chemins de fer Éthiopiens, der nach dem Vertrag vom 13. Dezember 1906 zwischen England, Frankreich und Italien der Weiterbau übertragen wurde, gelang es nicht das Baukapital zu beschaffen, und sie hat nur ein kleines Stück gebaut. Die Gesellschaft ging ihrer Rechte verlustig und die Konzession für die Bahn Diredauah-Addis-Abeba wurde durch Dekret vom 8. Dezember 1908 für erloschen erklärt.

Es wurde nun eine neue Gesellschaft gebildet, an die die alte ihre Rechte abtrat; diese verzichtete auf jeden Gewinnanteil, erhielt aber nach einem Vertrag vom 29. März 1909 von ihrer Rechtsnachfolgerin auf die Dauer von 99 Jahren eine vom französischen Staat gewährleistete jährliche Vergütung von 610.738 Fr. zugesichert (das sind nahezu 31/2% Zinsen auf den Kapitalwert, 18 Millionen Franken der fertiggestellten Bahnstrecke).

Der Bau der Bahn nach Addis-Abeba, im ganzen 483 km, dessen Kosten in der 1 m-Spur auf 92 Mill. Franken veranschlagt sind, erscheint durch das neue Abkommen gesichert, zumal die neue Gesellschaft vom König Menelik ermächtigt sein soll, 6% vom Wert der zu verfrachtenden Güter als Zoll zu erheben.

Die Linie soll nahe den fruchtbaren, viehreichen Harrarbergen vorüberführen und scheint besondere technische Schwierigkeiten nicht zu bieten. Als Bauzeit waren 6 Jahre in Aussicht genommen. Man würde dann von Dschibuti binnen 48 Stunden zur Hauptstadt des äthiopischen Reiches gelangen, eine Reise, zu der man vor 12 Jahren auf dem Kamel 40 Tage gebrauchte, und die heute immer noch 20 bis 25 Tage dauert.

Die ersten 66 km der Neubaulinie sind am 1. Mai 1912 dem Betriebe übergeben worden.

Baltzer.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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