Materialmagazine

Materialmagazine

Materialmagazine (Materialschuppen, -lager) (shed for stores; remises à matériel; maggazine per materiali) dienen zur Aufbewahrung der Eisenbahn-Lagervorräte, das sind solche Stoffe, die beim Bau und Betrieb der Eisenbahn und ihrer Anlagen regelmäßig verbraucht werden. Hierher gehören: Bau- und Oberbaumaterialien, Werkstattmaterialien, Betriebsmaterialien, Telegraphenmaterialien, Altmaterialien. Dementsprechend unterscheiden z.B. die preußischhessischen Staatseisenbahnen: Betriebsmaterialienmagazine, Bau- und Oberbaumaterialienmagazine und Werkstattmaterialienmagazine; nach dem Umfang der zu verwaltenden Bestände unterscheidet man Haupt- und Nebenmagazine. Die Haupt- und größeren Nebenmagazine sind besonderen Beamten unterstellt, die für Ergänzung, sachgemäße Aufbewahrung und wirtschaftlichen Verbrauch zu sorgen haben. Bauliche Anlagen werden nur für solche Materialien nötig, die unter den Einflüssen der Witterung leiden, leicht gestohlen werden oder in Brand geraten können. Bei M. ist für bequeme Verlademöglichkeit von und zur Bahn (also Gleisanschluß) und Fuhrwerk zu sorgen.

Die Werkstattmaterialienmagazine werden mit den Werkstätten verbunden (s. Werkstätten).

Die Bau- und Oberbaumaterialienmagazine sind meist Lagerplätze im Freien, die aber zweckmäßig nicht in der Nähe von öffentlichen Wegen anzulegen sind. Die Materialien werden auf durch Längs- und Quergänge eingeteilten Plätzen, nach Arten getrennt, übersichtlich in Stapeln aufgesetzt, die mit der Materialiennummer und Bezeichnung kenntlich gemacht sind. Hierzu werden am besten an eingeschlagenen Pfählen befestigte Holztafeln verwendet. Das Kleineisenzeug sowie das besonders wertvolle und leicht zu entwendende Material wird bei kleineren Magazinen in den Kellerräumen vorhandener Gebäude (Bahnmeistereien, Güterschuppen u.a.) untergebracht. Bei den Haupt- und größeren Nebenmagazinen werden dafür zweckmäßig besondere Schuppen errichtet, in denen das Kleineisenzeug entweder in Fächer eingeordnet oder in der gelieferten Packung aufgestellt wird, und die außerdem einen Sortierraum und Bureauräume enthalten.

Die Betriebsmaterialienmagazine sind von besonderer Bedeutung. In ihnen werden die Vorräte gelagert, die für den unmittelbaren Verbrauch im Betrieb erforderlich sind, also u.a.: Kohlen, Koks, Preßkohlen, Reiserwellen, Gas, Petroleum, Schmieröle, ein Teil der Telegraphenmaterialien (wie Bittersalz, Kupfer- und Zinkpole, Schreibfarbe, Papierstreifen u.s.w.), Besen, Zubehörteile der Lampen, Putzbaumwolle, Seife, Soda, Sicherungen, die Nebenerzeugnisse der Gasanstalten.

Die wichtigsten Betriebsmaterialien sind Wasser und Kohle. Über ihre Behandlung s. Wasserstationen und Bekohlungsanlagen.

Unter den anderen Betriebsmaterialienmagazinen bilden eine Gruppe für sich: die Magazine für feuergefährliche Flüssigkeiten. Für deren Aufbewahrung gelten die in den betreffenden Ländern von den allgemeinen Verwaltungsbehörden erlassenen Vorschriften und etwa von den einzelnen Eisenbahnverwaltungen getroffenen Sonderbestimmungen. Für die preußisch-hessischen Staatseisenbahnen kommen z.B. die von den Oberpräsidenten der Provinzen erlassenen Polizeiverordnungen betreffend den Verkehr mit Mineralölen, die sich an einen vom Minister des Innern und dem Minister für Handel und Gewerbe veröffentlichten Entwurf anlehnen, und die Vorschriften für die Aufbewahrung feuergefährlicher Materialien in Frage, die der vom Minister der öffentlichen Arbeiten erlassenen Materialienordnung als Anhang beigegeben sind. Außerdem bestehen und sind zulässig Polizeiverordnungen für die Lagerung von Spiritus und anderen feuergefährlichen Flüssigkeiten.


So werden in dem Anhang der genannten Materialienordnung 3 Gruppen feuergefährlicher Materialien unterschieden:

Gruppe I: Materialien, die sich ohne Vermittlung eines brennenden Körpers oder durch Berührung mit anderen Stoffen oder durch Reibung oder Schlag entzünden können (z.B. Kienruß, Streichhölzer, Kalziumkarbid).

Gruppe II: Flüssigkeiten, die entflammbare Gase bilden.

Gruppe III: Materialien, die leicht Feuer fangen (z.B. Pech, Putzwolle).

Die genannten Polizeiverordnungen der Oberpräsidenten beziehen sich nur auf Materialien der Gruppe II. Sie teilen die Mineralöle in 3 Gefahrklassen:

Klasse I enthält die Flüssigkeiten, die bei weniger als 21° C entflammbare Gase bilden (z.B. Benzin, Kohlenwasserstoff).

Klasse II enthält die Flüssigkeiten, die zwischen 21 und 65° entflammbare Gase bilden (z.B. Petroleum, Teer).

Klasse III enthält die Flüssigkeiten, die zwischen 65 und 140° entflammbare Gase bilden (z.B. Braunkohlenteeröl).

Flüssigkeiten, die erst bei mehr als 140° entflammbare Gase bilden (z.B. Mineralschmieröle), unterliegen meist keiner Polizeiverordnung. Die für die einzelnen Gefahrklassen erlassenen erschwerenden Vorschriften richten sich nach der zu lagernden Menge und beziehen sich auf Festsetzung von Schutzzonen, Beschaffenheit der Lagerräume, Gebäude und Behälter und auf die Beleuchtung, Heizung und Lüftung.


Größere Mengen feuergefährlicher Flüssigkeiten wird man meist in besonderen Magazinen aufbewahren. Diese werden zum Schutz gegen gefährliche Erwärmung zweckmäßig kellerartig ausgebildet und mit Erde umschüttet. Sie sollen ferner so tief unter der Erde liegen, daß bei ausbrechendem Feuer und Zerstörung aller Behälter keine brennende Flüssigkeit ins Freie fließen kann. Da in den Magazinen oft auch die Ausgabe an die Einzelverbraucher (Lokomotivführer, Lampenwärter u.s.w.) erfolgt und Undichtigkeiten an den Behältern oder Fässern eintreten können, so soll der Fußboden nach einem Sammelpunkt hin Gefälle haben. An diesem Punkt wird ein Schacht angelegt, in dem sich die überfließende Flüssigkeit ansammeln kann. Ihre Verdunstungsfläche wird so in engen Grenzen gehalten. Der Schacht kann einen herausnehmbaren eisernen Einsatz erhalten. Für eine ausreichende Entlüftung des Lagerraumes ist Sorge zu tragen.

Die Beleuchtung dieser M. erfolgt zweckmäßig durch ein Oberlicht, doch kann sie auch durch eine mit Glasbausteinen zugesetzte Fensteröffnung in den Stirnwänden oder durch beides gemeinsam erfolgen.

Neuerdings wird bei größeren Mengen die Aufbewahrung feuergefährlicher Flüssigkeiten in größeren Behältern (Tanks) der Aufbewahrung in Fässern vielfach vorgezogen. Solche Behälter liegen zweckmäßig in Zwischenhöhe zwischen einem höheren Gleis für die die Flüssigkeit zuführenden Kesselwagen und einem tieferen Gleis für Abfuhr der zum Verbrauch abgefüllten, verschraubbaren eisernen Fässer. (Unter neuere Aufbewahrungsweisen vgl. ferner Bd. V, Art. Feuersichere Lagerung von Flüssigkeiten.)

Die M. für die anderen Betriebsmaterialien müssen ebenfalls möglichst feuersicher gebaut werden, da auch sie brennbare Stoffe in größeren Mengen enthalten. Sie werden daher zweckmäßig in Eisenbeton ausgeführt. Für gute Verladevorrichtungen (Drehkräne an den Außenseiten über den Ladebühnen) ist Sorge zu tragen. Beim Vorhandensein mehrerer Stockwerke sind Aufzüge nötig. Außer den eigentlichen Lagerräumen, zu denen auch Räume für die Aufbewahrung wertvollerer Verpackungsmaterialien (leere Fässer, Ballons u.s.w.) gehören, sind Zimmer für den Magazinverwalter, die Schreiber und Aufseher und ein Aufenthaltsraum für die Arbeiter nötig. Empfehlenswert ist auch ein besonderer Packraum.

Die Verteilung der Materialien auf die einzelnen Räume und Stockwerke erfolgt nach bestimmten Grundsätzen. Feuergefährliche Materialien werden je nach der Gruppe, zu der sie gehören, in gepflasterten, überwölbten Kellern oder doch in einzelgelegenen Räumen, die allseitig zu Löschzwecken zugänglich sind, untergebracht.

Im übrigen werden die Materialien so gelagert, daß die am meisten gebrauchten auch am bequemsten zugänglich sind. Seltener zur Ausgabe gelangende Materialien (wie Winterschutzkleider) kommen in die obersten Stockwerke. Wertvolle Stoffe sind unter besonderem Verschluß zu halten.

Literatur: Die Eisenbahntechnik der Gegenwart. Bd. II, 3. Abschn., II. Teil, S. 1001 u. f., Bd. V, I. Teil.

Gerstenberg.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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