Schienenabnutzung

Schienenabnutzung

Schienenabnutzung (wear and tear of the rails; usure des rails). Unter Abnutzung der Gleise im weiteren Sinn versteht man das Unbrauchbarwerden der sie zusammensetzenden Teile infolge Einwirkung verschiedenartiger Umstände, im engeren Sinn aber wird dieser Ausdruck auf das Schadhaftwerden der von den Rädern unmittelbar beanspruchten Teile der Gleise, der Fahrschienen bezogen.

Die S. vollzieht sich in verhältnismäßig kurzer Zeit und der Wiederersatz der abgenutzten Stücke erfordert so bedeutende Geldmittel, daß von jeher alle Mühe auf Klarstellung der die Abnutzung beeinflussenden Umstände verwendet und auf Mittel gesonnen wurde, deren Wirksamkeit möglichst zu beschränken. Wenn der hierbei erzielte Erfolg vielleicht nicht immer im richtigen Verhältnis zur aufgewendeten Mühe stand, so ist der Grund hiervon darin zu suchen, daß die S. durch eine große Zahl der verschiedenartigsten Ursachen veranlaßt wird, deren Einzelwirkungen sich schwer feststellen lassen und weil das zur Klärung der Sachlage gesammelte statistische Material nur selten gleichwertig ist und daher nicht unmittelbar in gegenseitige Beziehung gesetzt werden kann.

Beobachtet man das Gleis einer Eisenbahn von dem Zeitpunkt ab, da diese dem Betrieb übergeben wurde, so bemerkt man, daß in den ersten Jahren der Benutzung verschiedenartige mehr oder weniger bedenkliche Schäden und Mängel hervortreten, die, ohne irgend eine Gesetzmäßigkeit zu befolgen, die Auswechslung der betroffenen Stücke früher oder später veranlassen. Es sind dies die verschiedenen Formen der unregelmäßigen Abnutzung, die zuweilen auch mit dem Namen »Zerstörung« der Schienen bezeichnet werden.


Hierher gehören Schienenbrüche, d. s. Risse und Sprünge, die lotrecht oder schief durch die Schienen in größerer oder geringerer Ausdehnung verlaufen und häufig in den Laschenbolzenlöchern ihren Anfang nehmen, sodann mancherlei Abblätterungen und Abstauchungen von Teilchen des Schienenkopfes infolge durch Seigerungen und Blasen verursachter Ungleichmäßigkeiten des Schienenstoffs. Weiter gehören hierher die als Ausbrüche bezeichneten, unter den Drücken und Stößen der Räder entstehenden Abbröcklungen eingewalzter Schlackenteilchen oder unfertiger bzw. verbrannter Eisenteilchen, ferner Auswalzungen mit seitlichem Abfließen des Schienenkopfes sowie Platt- und Breitdrückungen infolge zu weichen Materials, u.zw. besonders dann, wenn der Kernstahl der Schienen wesentlich härter als deren Randstahl ist. Endlich seien jene kleinen muldenartigen Vertiefungen in der Oberfläche des Schienenkopfes, Druckflecken genannt, die unter gleichzeitiger Verbreiterung desselben hervortreten und durch das Bloßlegen im Schienenkopf ausgewalzter Blasen oder durch Zerquetschen harter Schotterteilchen auf der Schienenfahrfläche entstehen.

Fast alle diese Erscheinungsformen sind durch eine fehlerhafte Beschaffenheit des Materials veranlaßt, aus dem die Schienen bestehen, oder aber durch Mängel, die bei ihrer Erzeugung und der Handhabung mit ihnen unterlaufen sind.

Die Schienenbrüche sind zeitweilig in geradezu besorgniserregendem Maße aufgetreten, besonders in der ersten Zeit der Verwendung von Flußstahl, so daß vereinzelt sogar Befürchtungen laut wurden, diese Stahlgattung sei zur Schienenerzeugung überhaupt nicht vollkommen geeignet. Mit der Zeit wurde diese Ansicht freilich richtiggestellt, indem man erkannte, daß ein Hauptgrund eintretender Brüche in der chemischen Beschaffenheit des Stahles zu suchen sei, nämlich in einem gewissen Gehalt an P, Cu, S, Si und anderen fremdartigen Stoffen, außerdem aber in kleinen, dem unbewaffneten Auge nicht bemerkbar mechanischen Verletzungen, wie sie sich beim Geradrichten der Schienen im kalten Zustand, bei nicht sorgfältig genug durchgeführter Lochung der Schienenenden u. dgl. ergeben können. Außer durch die angeführten Ursachen wird die Häufigkeit der Schienenbrüche aber auch noch wesentlich durch den Unterhaltungszustand des Gleises und der Fahrzeuge beeinflußt. In ersterer Hinsicht ist vornehmlich auf sorgfältige Behandlung der Schienen unter Vermeidung jeder Verletzung beim Abladen, Biegen, Bohren und Schneiden, ferner auf gute Entwässerung des Unterbaues und der Bettung sowie auf gute Unterstopfung der entsprechend dicht zu lagernden Schwellen zu achten. In letzterer Hinsicht sind alle Maßnahmen zu treffen, die die Stöße der Fahrzeuge zu mildern geeignet sind. So wird im Bulletin d. Int. Eis.-Kongr.-Verb. 1912, Nr. 10 u.a. berichtet, daß im sehr kalten Februar 1912 auf einer Linie in Ohio ein Schnellzug, in dem sich ein Rad mit abgeflachtem Stahlreifen befand, den Bruch von 960 Schienen auf einer Strecke von 322 km verursacht und am Schluß der Fahrt die Pfeilhöhe der flachen Stelle des Rades 13 mm (5 mm sind nach den Bestimmungen der Technischen Einheit im Eisenbahnwesen noch zulässig) betragen hat.

Wie zahlreich trotz aller auf die Herstellung und Unterhaltung der Gleise verwendeten Sorgfalt Schienenbrüche auftreten, geht aus nachfolgender, den statistischen Nachrichten des VDEV. entnommener Zusammenstellung hervor:


Schienenabnutzung

Nach Rosche (Hb. d. Ing. W., V. Teil, Bd. II) entfiel im Jahrzehnt 1893–1902 je ein Schienenbruch auf 72∙8 km Eisen-, 10∙9 km Stahlkopf- und 8∙7 km Stahlschienen. Die große Überlegenheit der Eisen- über Stahlkopf- und Stahlschienen ist wenigstens teilweise darauf zurückzuführen, daß erstere zurzeit nur noch in untergeordneten und daher meist nur von Leerzügen langsam befahrenen Gleisen liegen und aus diesen älteren Beständen schon seit langem die mit eigentlichen Stoffehlern behafteten Schienen durch Bruch ausgeschieden sind. Unter den Flußstahlschienen zeigt der Martinstahl das günstigste, der Bessemerstahl das ungünstigste Verhalten (Organ 1903, XIII. Erg.-Bd.). Wenn auch die Zahl der Schienenbrüche vergleichsweise in Abnahme begriffen ist, so ist sie dermalen noch immer verhältnismäßig größer als vor 30 Jahren, während erfreulicherweise die Zahl der durch Brüche verursachten Unfälle ganz erheblich abgenommen hat, wozu zweifellos auch die für Entdeckung von Schienenbrüchen eingeführten Belohnungen beigetragen haben.

Das zeitweise Anwachsen der Schienenbrüche ist u.a. darauf zurückzuführen, daß die Verstärkung der Gleise vielfach mit der Steigerung der Fahrgeschwindigkeit und der Achsdrücke nicht gleichen Schritt gehalten hat und daß insbesondere bei wesentlichen Änderungen in den Querschnitten oder Erzeugungsweisen der Schienen deren Stoffbeschaffenheit während der Übergangszeit bis zur vollkommenen Ausbildung der hüttenmännischen Verfahren mitunter nicht einwandfrei war. So waren, wie oben bemerkt, die ersterzeugten Flußstahlschienen wenig bruchsicher und ähnliche Erfahrungen wurden erst jüngst in Amerika beim Übergang vom Bessemerauf das Martinverfahren gemacht. Doch auch dort ist man schon zur Überzeugung gelangt, daß unter günstigen Verhältnissen die Martinschienen den Bessemerschienen überlegen sind. Im Winter 1905 häuften sich auf den nordamerikanischen Bahnen die Schienenbrüche in ganz ungewöhnlichem Maße und traten fast ausnahmslos bei neuen, erst 1904 verlegten, 50 kg/m schweren Schienen auf, so daß damals – jetzt allerdings überwundene – Bedenken gegen die Verwendung so schwerer Schienen laut wurden.

Die American Railway Engineering Association führt seit mehreren Jahren eine Statistik über die im Gebiet der Vereinigten Staaten vorgekommenen Schienenbrüche. Aus dieser geht hervor, daß im Jahre 1911 auf je 891 Bessemer- und auf je 1234 neuverlegte Martinschienen je ein Fehler kam und daß rd. 27, 55, 8 bzw. 10% dieser Fehler auf Brüche durch den ganzen Schienenquerschnitt, im Schienenkopf, Steg bzw. Schienenfuß entfielen. Wickhorst, der diese Statistik (im Bulletin d. Int. Eis.-Kongr.-Verb. 1914) besprach, folgert, daß im Mittel auf etwa 118 verlegte Schienen während ihrer ganzen Verwendungsdauer ein Schienenbruch entfällt.

Der Jahreszeit nach kommen die meisten Schienenbrüche im Winter vor, weil das Stoffgefüge des Stahles bei großer Kälte an sich eine größere Brüchigkeit besitzt, vornehmlich aber, weil die Schläge der Räder auf gefrorener und durch Frostaufzüge welliger Bettung unvermindert zur Wirkung gelangen. (Nach Stockert verhalten sich die im Januar vorkommenden Brüche zu denen im Mai wie 30 : 1.)

Bemerkenswert sind (Wschr. f. deutsche Bahnm. 1913, S. 169) die Ergebnisse einer von der New-York Zentralbahn gepflogenen Untersuchung über Schienenbrüche. Darnach entfielen 4/5 aller beobachteten Schienenbrüche auf Personenzugs- und bloß 1/5 auf Güterzugsgleise (Einfluß der Fahrgeschwindigkeit), ferner 3/4 auf gerade und bloß 1/4 auf gekrümmte Gleise (Einfluß der Führung der Fahrzeuge in Gleisbogen), endlich 4/5 auf den linken und bloß 1/5 auf den rechten Schienenstrang zweigleisiger Strecken (Einfluß der Bauart der Lokomotiven, wie dieser ähnlich auch bei der Schienenwanderung in zweigleisigen Strecken zutage tritt).

Coüard teilt (Rev. gen. d. chem. de fer 1889) mit, daß die Zahl der seit ihrer Verlegung in die Bahn beschädigten Schienen sich im Verhältnis des Quadrats der Zahl der über sie gerollten Züge vergrößert.

Vielfach wird daran festgehalten, daß aus Hauptgleisen Schienenbestände wegen Bruchgefahr dann auszubauen sind, wenn in einem Jahr mehr als 0∙5% der in einer bestimmten Strecke verlegten, bzw. dann, wenn binnen des gleichen Zeitraums mehr als 1% der einer bestimmten Werks- und Jahresmarke angehörigen Schienen brechen. Eine allgemeine Regel läßt sich hierfür wohl nicht geben, maßgebend für die Frage der Ausbaunotwendigkeit ist immer eine von Jahr zu Jahr eintretende Steigerung der Schienenbrüche.

Nachdem die verschiedenen Formen der unregelmäßigen Abnutzung vornehmlich in mangelhafter Stoffbeschaffenheit und Herstellungsweise der Schienen begründet sind, haben sich die Bahnverwaltungen seit jeher durch eingehende Lieferbedingnisse und Haftpflichtvorschreibungen hiergegen zu sichern gesucht (vgl. Art. Schienenprüfung).

Da die Widerstandsfähigkeit der Schienen gegen unregelmäßige Abnutzung u.a. durch die gleiche Stoffbeschaffenheit und Erzeugungsart bestimmt wird, die auch Gewähr für entsprechenden Widerstand gegen regelmäßige Abnutzung bietet, kann diesbezüglich auf das weiter unten Gesagte verwiesen werden. Hier sei nur bemerkt, daß wegen Vermeidung von Kalt- bzw. Rotbrüchigkeit (durch welch letztere Haarrisse während des Walzvorgangs entstehen können) der Durchschnittsgehalt der fertigen Schienen an P bzw. S 0∙07 bzw. 0∙04% nicht übersteigen soll.


Neben der unregelmäßigen Abnutzung tritt erst nach längerer Zeit deutlich wahrnehmbar eine gesetzmäßig verlaufende »regelmäßige Abnutzung« (Schienenverschleiß) hervor, die in einer nahezu gleichmäßigen Verminderung der Höhe und Breite des Schienenkopfes, letzteres besonders in gekrümmten Gleisen, besteht. Sie ist das natürliche Ergebnis der Reibung von Radkranz und Schienenkopf aneinander und deshalb unvermeidlich, wenn auch die Zeitdauer, innerhalb der sie sich vollzieht, je nach dem Vorhandensein der auf sie einflußnehmenden Umstände eine sehr verschiedene sein kann.


Der VDEV. hat schon im Jahre 1865 die Wichtigkeit der Frage nach der Dauer der Schienen und der damit zusammenhängenden S. erkannt, im Jahre 1877 eine Statistik eingeführt »zur Ermittlung einer durchschnittlichen Schienendauer und um die Bedeutung der Faktoren, die außer der über die Schienen bewegten Bruttolast auf deren Zerstörung von Einfluß sind, Klarheit zu erhalten«, und diese mit der im Jahre 1899 erfolgten Veröffentlichung der »Statistik über die Dauer der Schienen« zum Abschluß gebracht. Diese verfolgte den Zweck, das Verhältnis zwischen S. bzw. Schienenauswechslung und der über die Schienen gerollten Last festzulegen, das Verhalten der Schienen in unter verschiedenartigen Verhältnissen betriebenen Bahnstrecken zu erforschen und hiernach die Frage nach der Dauer der Schienen zu beantworten. Der wesentliche Einfluß der Materialeigenschaften – sowohl der technologischen wie der chemischen – der Schienen auf deren Verhalten im Betrieb wurde erst auf Grund einer 1891 hinausgegebenen und 1903 ergänzten »Vorschrift über die Einrichtung und Bearbeitung einer mit besonderer Rücksichtnahme auf die Materialgüte geführten Schienenstatistik« in den Kreis der Betrachtung gezogen, nach der erstmals 1893 Versuchsgleise eingerichtet wurden, die seither in 3jährigen Zeiträumen beobachtet werden. Diese Statistik ist noch nicht zum Abschluß gelangt. Nachstehende Zusammenstellung gibt eine übersichtliche Zusammenfassung der letztvorliegenden Ergebnisse des Erhebungsjahres 1912, aus denen hervorgeht, daß im großen Durchschnitt 1 mm Höhenabnutzung auf etwa 43 Mill., 1 mm2 Flächenabnutzung dagegen auf etwa 1 Mill. über die Schienen gerollter Bruttolast entfällt, daß aber die Größt- und Kleinstwerte jener Lasten, die die gleichen Abnutzungen tatsächlich bewirkt haben, zwischen sehr weiten Grenzen schwanken.


Auf Grund der vorbesprochenen sowie anderweitiger Beobachtungen verschiedener festländischer und amerikanischer Bahnverwaltungen und eingehender theoretischer Erwägungen kann über die Bedeutung der verschiedenen, die S. in verwickeltster Form beeinflussenden Ursachen mit einiger Sicherheit folgendes ausgesagt werden (vgl. insbesondere Rosche, a. a. O.).


Übersichtliche Zusammenstellung der Ergebnisse der Schienenstatistik des VDEV. für das Erhebungsjahr 1912.


Schienenabnutzung

1. Stoffbeschaffenheit und Erzeugungsart der Schienen. Der Verschleißwiderstand wird günstig beeinflußt durch die Reinheit und Gleichförmigkeit des Gefüges der Schienen und wächst im allgemeinen mit zunehmender Zugfestigkeit, Zähigkeit, Härte und Dichte. Entsprechende Al-, Mn-, Si- und Ti- (in Amerika auch Va-) Zuschläge fördern im Zusammenhang mit genügender Abschopfung der Stahlblöcke diese Eigenschaften. Ein Gehalt von etwa 1–1∙5% Mn in sonst genügend harten Schienen erhöht deren Verschleißwiderstand merklich, ein Gehalt von 3–7% Mn macht sie unverwendbar, während ein Gehalt von 11–15% Mn (Manganstahl) ihre Zähigkeit und ihren Verschleißwiderstand außerordentlich erhöht, sie aber wegen des hohen Preises nur für ungewöhnlich stark beanspruchte Gleisstellen wirtschaftlich geeignet erscheinen läßt. Von einzelnen Verwaltungen des VDEV. an gestellte Versuche mit Schienen aus Elektrostahl, aus Harmet-Preßstahl, aus mit Ferrotitan gedichtetem Flußstahl verschiedener Erzeugungsarten, aus saurem Siemens-Martin-Stahl (von Amerika, England und Schweden bevorzugt), sowie mit von Friedrich Krupp gelieferten »verschleißfesten« Schienen, deren chemische Zusammensetzung nicht angegeben und deren Erzeugungsart dem liefernden Werk überlassen war, haben fast durchwegs, »soweit während der Kürze der Beobachtungszeit ein Urteil überhaupt gewonnen werden konnte, bisher eine wirtschaftliche Ueberlegenheit der verschleißfesten Stoffe über den gewöhnlichen Schienenstahl nicht ergeben«, doch wird die Fortsetzung dieser Versuche von den berichtenden Verwaltungen als dringend erwünscht bezeichnet (vgl. Organ 1912, XIV. Erg.-Bd.). Diehl und Garn berichten hingegen im Organ 1914 über sachlich und wirtschaftlich sehr günstig verlaufende Versuche mit von Krupp gelieferten »verschleißfesten Schienen«, die sich insbesondere gegen seitliche Abnutzung in Gleisbögen äußerst widerstandsfähig erweisen. Außerdem wird die Verschleißfestigkeit der Schienen auch wesentlich von deren Behandlung während der Herstellung beeinflußt (Kalibrierung der Walzen, Wärme des Blockes und der die letzte Walze verlassenden Schiene, Einrichtung des Kühlbettes, Art des Geraderichtens u.s.w.). Aus den oben mitgeteilten Ergebnissen der Schienenstatistik des VDEV. 1912 geht hervor, daß im großen und ganzen der basische Martinstahl dem Bessemerstahl und dieser wieder dem Thomasstahl hinsichtlich des Verschleißwiderstandes überlegen zu sein scheint. Mitunter wird jedoch auch dem Thomasstahl ein größerer Verschleißwiderstand als den anderen Stahlgattungen zugeschrieben.

2. Bau und Unterhaltung der Gleise. Hierbei ist zu beachten: Die tunliche Anpassung der Fahrfläche und seitlichen Abrundung des Schienenkopfes an die Regelform der Radreifen, eine der Lastwirkung statisch angemessene Gleisanordnung, sorgfältige Unterhaltung der Gleisbogen, insbesondere der Bogeneinläufe, ferner eines auf die ganze Bogenlänge tunlich gleichen Krümmungshalbmessers sowie entsprechende Spurerweiterung vermindern den Verschleiß.

In eingleisigen Strecken schreitet der Schienenverschleiß nach den Ergebnissen der Statistik des VDEV. verhältnismäßig rascher fort als in 2gleisigen. Der häufig beobachtete größere Verschleißwiderstand statisch minderwertiger Schienen ist auf deren bessere Stoffverteilung hinsichtlich guter Durcharbeitung des Stahles beim Walzen und günstige Abkühlung zurückzuführen. Deshalb sollen auch die breiten und dünnen, weniger massigen Schienenköpfe und die eine für das Walzen günstige Querschnittsform besitzenden Stahlschienen verschleißwiderstandsfähiger als Breitfußschienen mit verhältnismäßig großer Kopfhöhe sein, doch betont Snow (Mitt. d. Int. Kongr. f. d. Mat.-Prfg. d. Technik, Berlin 1913, Bd. II, 2. Teil, 1. Abschn.), daß die Vorteile der Querschnittsform einer Schiene gegenüber jener einer andern im Vergleich zur Bedeutung der Gesundheit des Schienenstoffs ganz verschwindend sind. Wesentlich zur Verlängerung der Schienendauer trägt endlich die sorgfältige Ausführung und Unterhaltung der Schienenstöße bei, da dort die Zerstörung der Schienen durch Plattdrückung, Auswalzung und Streckung des Schienenkopfes in der Regel zuerst eintritt.

3. Raddruck, Fahrgeschwindigkeit der Züge und Bruttobelastung der Schienen. Der Schienenverschleiß wächst nach Petroff (Mitt. auf dem Pariser Int. Eisenb.-Kongr. 1889) proportional zur Quadratwurzel des Raddrucks und erfahrungsmäßig unter sonst gleichen Umständen im Verhältnis zur Fahrgeschwindigkeit.

Die Erfahrung lehrt ferner, daß abgesehen von einem allfälligen rascheren Verschleiß der obersten Haut des Schienenkopfes die S. unter sonst gleichen Umständen ungefähr proportional der Bruttobelastung zunimmt, wenn nicht der Kernstahl der Schienen infolge von Blasen u. dgl. einen erheblich geringeren Verschleißwiderstand als der Randstahl aufweist.

4. Bauart und Unterhaltung der Fahrzeuge. Die S. wächst (nach Rosche, a. a. O.) in Gleisbögen mit der Größe der festen Radstände und nimmt ab mit dem Grad der Schmiegsamkeit, die durch Lenkachsen und Drehgestelle dargeboten wird. Sie steht weiter im umgekehrten Verhältnis zur Größe des Raddurchmessers, da mit dieser die Berührungsfläche zwischen Rad und Schiene wächst und die Beanspruchung der Flächeneinheit kleiner wird. Wesentlich für die S. ist endlich die Stoffbeschaffenheit der Radreifen, vor allem deren Härte, die mit der Schienenhärte tunlichst übereinstimmen soll, und die auf die Erhaltung der Regelform der Radreifen durch rechtzeitiges Abdrehen aufgewendete Sorgfalt, weil hierdurch die oben betonte Anpassung von Rad und Schiene gewährleistet wird.

5. Neigungs- und Krümmungsverhältnisse des Gleises. Da mit zunehmender Neigung entweder die aufzuwendende Zugkraft oder die auszuübende Bremswirkung wächst, steigert sich hiermit auch die S. und wird am geringsten nicht in wagrechter, sondern in schwach (3–5) fallender zweigleisiger Strecke, da in dieser eine Zugkraft nicht aufgewendet wird und Bremsen nur ausnahmsweise zur Benutzung gelangen. In Krümmungen wird die Außenschiene, u.zw. seitlich umsomehr abgenutzt, je kleiner der Krümmungshalbmesser, je weniger schmiegsam die Fahrzeuge, je geringer die Schienenüberhöhung und je größer die Spurerweiterung (Vergrößerung des Anschneidewinkels der Vorderachse) sind. Die Innenschiene erleidet durch Anschneiden der Hinterachse seitliche, mit abnehmendem Krümmungshalbmesser wachsende, durch zu große Schienenüberhöhung (Überlastung des Innenrades) lotrechte Abnutzung, letztere überdies auch dadurch, daß infolge der seitlichen Verschiebung der Räder auf Innen- und Außenschiene verschiedene Laufkreise abrollen und Schleifwirkungen auftreten.

6. Witterungs- und örtliche Verhältnisse. Feuchte Einschnitte, zumal Tunnel befördern unter sonst gleichen Verhältnissen die S. gegenüber trockener freier Strecke. In langen oder gekrümmten Tunneln wirken vornehmlich die Rauchgase der Lokomotiven durch Rostbildung zerstörend auf das Gleisgefüge als Ganzes ein (Gegenmaßnahmen: Tunnellüftung, Blauölfeuerung, elektrischer Betrieb). Ähnliches wurde auch bei Gleisen in der Nähe von Fabriken mit schwefelige und Schwefelsäure enthaltenden Abgasen sowie auf Stationsgleisen beobachtet, auf welchen Ladungen längere Zeit stehen, die bei Regenwetter säurehaltiges Tropfwasser absetzen. Im Arlbergtunnel mit Platten verschiedener Stoffbeschaffenheit durchgeführte Versuche haben während einer 17jährigen Beobachtungsdauer nachstehende Gewichtsabnahmen ergeben, aus denen einerseits hervorgeht, daß die verschiedenen gebräuchlichen Stahlgattungen gegen Rostbildung nahezu gleich und erheblich mehr widerstandsfähig als Gußeisen sind (Rauheit der Oberfläche des letzteren) und daß andererseits an trockenen Tunnelstellen größere Rostbildung als an nassen vermutlich deshalb auftritt, weil an diesen die rostbildenden Säuren weniger gesättigt zur Wirkung gelangen.

Schienenabnutzung

Bemerkenswerte Beobachtungen und Untersuchungen über die Abnutzung von Eisen- und Puddelstahlschienen wurden vom damaligen Zentralinspektor der österreichischen Nordbahn Franz Stockert in der Ztschr. d. Österr. Ing.-V. 1872 mitgeteilt, die wesentlich zu folgenden Ergebnissen führten. Werden im neben abgebildeten Achsenkreuz (Abb. 180) die über eine Versuchstrecke während bestimmter Beobachtungszeiten gerollten Bruttotonnen als Abszissen und die zugehörigen Schienenauswechslungen als Ordinaten aufgetragen, so ergibt der die einzelnen Punkte verbindende Linienzug (die »Ausnutzungslinie« der Schienen) eine Viertelellipse, deren lotrechte Halbachse b die Gesamtzahl der ursprünglich in der Versuchsstrecke verlegten Schiene und deren wagrechte Halbachse a die Gesamtlast zur Darstellung bringt, die den völligen Ausbau aller Versuchsschienen bedingte. Stockert hat solche Ausnutzungslinien für 20 verschieden gelegene, ausgerüstete und belastete Versuchsstrecken bestimmt und aus ihnen Festzahlen abgeleitet, auf Grund deren der Einfluß der Richtungs- und Neigungsverhältnisse auf den Verbrauch geschweißter Schienen beurteilt und die in einem kommenden Zeitraum zur Gleisunterhaltung erforderliche Schienenzahl veranschlagt werden kann. Hinsichtlich der Einzelheiten der sehr lesenswerten Abhandlung muß auf die genannte Quelle verwiesen werden. Für Flußstahlschienen wurden ähnliche Untersuchungen noch nicht angestellt, da nach dem dermaligen Stand der Statistik hierfür genügende Unterlagen nicht vorliegen. Doch hält Stockert (1890) dafür, daß das von ihm abgeleitete Gesetz auch für eine angenäherte Ermittlung der Ausnutzungsfähigkeit von Flußstahlschienen verwendbar sei. Bemerkt sei schließlich, daß es sich (nach Rosche, a. a. O.) nicht empfiehlt, ein Gleis noch weiter durch Einbau von Ersatzschienen zu erhalten, wenn mehr als etwa 20–30% der ursprünglich eingelegten Schienen unbrauchbar geworden sind, weil die letzten 80 bis 70% nur mehr einem unverhältnismäßig geringen Teil der Gesamtausnutzungslast Genüge leisten, und daß man die durchschnittliche Verwendungsdauer einer Schiene in Hauptgleisen mit jährlich etwa 5 Mill. Bruttobelastung unter mittleren Anlage- und Verkehrsverhältnissen auf etwa 15–20 Jahre schätzen kann, daß aber diese Verwendungsdauer bei ungewöhnlichen Verhältnissen auch bis auf 5 Jahre und weniger herabsinkt.


Über die Ursachen der zurzeit im Vordergrund der Erörterung stehenden Riffelbildung, einer besonderen Abnutzungsform der Schienen, sind die Anschauungen noch nicht geklärt. Zusammenfassende Darstellungen dieser zumal für Straßenbahnen wichtigen Frage finden sich unter Anführung näherer Literaturangaben von Busse in den Berichten über den XV. (München 1908), XVI. (Brüssel 1910) und XVII. (Christiania 1912) Int. Straßen- und Kleinbahnkongreß, von Meyer in seiner Veröffentlichung »Zur Klärung bedeutsamer Fragen im Straßenbahn-Oberbau und insbesondere der Riffelbildung auf den Schienen« (Berlin, H. S. Hermann 1915), von Dormus in Stahl u. Eis. 1916, S. 257 und von Kayser in den Druckschriften der Kommission für Riffeluntersuchungen (Cöln, Greven und Bechtold 1916; vgl. auch Art. Oberbau der Straßenbahnen, Bd. VII, S. 416).

Die große wirtschaftliche Bedeutung der S., die schon daraus ersichtlich ist, daß auf Schienenbeschaffung allein (also ohne Aus- und Einbaukosten) nahezu 3% der sachlichen Gesamtausgaben der Bahnverwaltungen entfallen, hat den Gedanken nahegelegt, schon anläßlich der Abnahme der Schienen in den Werken sich Einblick in deren voraussichtlichen Verschleißwiderstand in ähnlicher Weise zu verschaffen, wie dies durch Schlagproben u.s.w. hinsichtlich des Bruchwiderstandes der Schienen seit langem geschieht. U. a. hat Scheibe hierfür (Organ 1909) Schleifproben mit Carborundumscheiben angeregt und Saller (Ztg. d. VDEV. 1910) die Beobachtung der Wirkung eines Sandstrahlgebläses auf die Schienen vorgeschlagen. Spindel (Innsbruck) beschäftigt sich eingehend und aussichtsvoll mit der vergleichenden Untersuchung der Schleifwirkung von Stahlscheiben auf Schienen und Radreifen, hat hierüber jedoch noch nichts veröffentlicht. Alle diese Forschungen sind über die ersten Versuchsanfänge noch nicht hinausgediehen.

Literatur: Loewe, Enzykl. d. E.-W., 1. Aufl. – Rosche, Hb. d. Ing.-W. 5. Teil, Bd. II, mit ausführlichen Literaturangaben. – Schienenstatistik des VDEV. (mit vielen Abbildungen abgenutzter und geätzter Schienenquerschnitte, herausgegeben von der gesch. Verw. d. VDEV. in Berlin). Berichte über die Int. Eisenb.-Kongr. (Paris 1889, Petersburg 1892, London 1895, Paris 1900). Mitteilungen des int. Verb, f. d. Mat.-Prfg. d. Technik, Bd. II, 2. Teil, 1. Abschn.

Trnka.

Abb. 180.
Abb. 180.

http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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