Warnungsläutewerke

Warnungsläutewerke

Warnungsläutewerke (crossing bells; sonneries d'approche ou d'avertissement; sonerie d'avviso dell'avicinarsi d' un convoglio). Auf Nebenbahnen, die mit nur geringer Geschwindigkeit befahren werden, besteht in der Regel keine Bewachung der Wegübergänge. Wo aber die Aussicht auf die Bahnstrecke von einem die Bahn kreuzenden Fahrweg aus derart behindert ist, daß ein herannahender Zug vom Weg aus nicht rechtzeitig zu sehen ist, und wo auch das Läutewerk der Lokomotive nicht rechtzeitig gehört werden kann, ist meist die Bahnverwaltung genötigt, am Wegübergang ein elektrisches Läutewerk aufzustellen, das bei Annäherung eines Zuges durch ein weithin vernehmbares Läuten die der Bahnkreuzung sich nähernden Personen und Fuhrwerke warnt. Hierzu eignen sich wegen ihres lauten Schlages am besten die unter dem Stichwort »Läutewerke, elektrische« beschriebenen Streckenläutewerke, die aber mit selbsttätigem Gewichtsaufzug versehen sein müssen (wie weiter unten beschrieben), weil Wärter zum Aufziehen des Werkes nicht vorhanden sind. Der Zug löst das Läutewerk etwa 11/2–2 Min. vor seiner Ankunft am Wegübergang durch Befahren eines Gleisstromschließers selbst aus. Der Auslösestrom bleibt so lange geschlossen, bis der Zug den Wegübergang erreicht hat. Der Anker des Auslöse-Elektromagneten (E) bleibt infolgedessen angezogen und der Ankerhebel h4 (Bd. VII, Abb. 107) fängt den Auslösungshebel H nicht ab; das Läuten dauert also an. Durch Befahren eines zweiten Gleisstromschließers am Wegübergang unterbricht der Zug zunächst den Auslösestrom wieder, wodurch der Ankerhebel h4 frei wird, der nun den Auslösungshebel H wieder abfängt.

Die Stromquelle (Batterie) wird auf der nächstgelegenen Betriebsstelle aufgestellt.

Geeignete Gleisstromschließer (Gleiskontakte, Schienendurchbiegungskontakte) sind in dem Artikel »Blockeinrichtungen« beschrieben und in (Bd. II, Abb. 157) dargestellt.

Die Gleisstromschließer wirken nicht unmittelbar auf den Elektromagnet des Läutewerks, weil sich durch einen einfachen Stromschluß oder eine Stromunterbrechung die beabsichtigte Dauerwirkung nicht hervorbringen läßt. Dazu dient vielmehr eine besondere Schaltvorrichtung, wie in Abb. 106 dargestellt, bestehend aus den 2 Elektromagneten E1 und E2 mit ihren Ankerhebeln a1 und a2 und den durch diese betätigten Schaltfedern f1 f2 f3. Der Elektromagnet E1 ist durch eine Leitung 1 mit den zu beiden Seiten des Wegüberganges angebrachten Gleisstromschließern K1 und K3, der andere Elektromagnet E2 durch eine Leitung 2 mit dem Gleisstromschließer K2 am Wegübergang verbunden. Im Ruhezustand sind beide Elektromagnete wie auch der Elektromagnet des Läutewerks stromlos; der abgefallene Ankerhebel a1 hält mittels einer Nase den Ankerhebel a2 in der gezeichneten Lage fest; dabei liegen die Schaltfedern so, daß f2 mit f3 verbunden, f1 aber von f3 getrennt ist. Befährt ein Zug, z.B. in der Richtung von A nach B, den Stromschließer K1, so erhält der Elektromagnet E1 aus der mit dem einen Pol an Erde liegenden Batterie über die Schaltfedern f3 f2 Strom; der Elektromagnet zieht seinen Anker an; der dreiarmige Ankerhebel a2 wird frei, drückt die Schaltfeder f1 gegen die Schaltfeder f3 und trennt diese von f2. Jetzt fließt Strom aus der Batterie über die Schaltfedern f3 f1 und die Leitung 3 zum Läutewerk, erregt dessen Elektromagnet, das Läuten beginnt und dauert an, solange der Strom über f3 f1 geschlossen bleibt. Sobald der Zug den Wegübergang erreicht hat, befährt er den Stromschließer K2, so daß der Elektromagnet E2 Strom erhält. Indem dieser seinen Anker anzieht, fängt sich der Ankerhebel a2 wieder an der Nase des Ankerhebels a1 ab; er drückt infolgedessen nicht mehr gegen die Schaltfeder f1,so daß diese sich wieder von f3 trennt. Die Stromsendung nach dem Läutewerk wird dadurch unterbrochen, das Läuten hört auf und der Ruhezustand ist wieder eingetreten. Bei der Fahrt in entgegengesetzter Richtung spielt sich der gleiche Vorgang ab. Durch einen in Leitung 3 einzuschaltenden, im Läutewerk anzubringenden Unterbrecher, der bei jedem Glockenschlag durch den Antriebhebel für den Glockenhammer betätigt wird und einen auf der Betriebsstelle in die Leitung einzuschaltenden Einschlagwecker kann die Betriebsstelle überwachen, ob das Läutewerk schlägt.

Bei der Weiterfart berührt der Zug noch den dritten Gleisstromschließer; es darf aber keine erneute Auslösung stattfinden. Deshalb haben die beiden äußeren Gleisstromschließer K1 und K3 noch eine Zusatzeinrichtung, durch die erreicht wird, daß nur die nach dem Wegübergang fahrenden und nicht auch die von dort kommenden Züge Stromschluß hervorbringen. Diese einseitige Wirkung wird am einfachsten erreicht, wenn in die Leitung 1 in der Richtung nach dem Wegübergang in geringem Abstand hinter dem Gleisstromschließer eine gleichfalls durch den Zug zu betätigende Unterbrechungsvorrichtung eingeschaltet wird, die beim Befahren die Leitung unterbricht, die aber wie die bekannten Zeitverschlüsse für Weichen (s. Zeitverschlüsse) mit einer Verzögerungseinrichtung versehen sein muß, so daß die Unterbrechung auch noch nach dem Überfahren etwa 15 Sek. bestehen bleibt. Bei der Fahrt nach dem Wegübergang befährt der Zug zuerst den Stromschließer und dann die Unterbrechungsvorrichtung; der Stromschluß erfolgt, und die nachfolgende Unterbrechung der Leitung ist für das Läuten wirkungslos. Kommt dagegen der Zug vom Wegübergang, so befährt er zuerst die Unterbrechungsvorrichtung und dann den Stromschließer. Stromschluß kann dann nicht erfolgen, weil schon vorher die Leitung unterbrochen ist und vermöge der Verzögerungseinrichtung die Unterbrechung noch etwa 15 Sek. nach Überfahren des Unterbrechers, also auch noch beim Überfahren des Stromschließers bestehen bleibt.

Gleisstromschließer, die ohne eine solche Zusatzeinrichtung den Stromschluß nur in einer Fahrrichtung herbeiführen, in der andern aber nicht, sind zwar vielfach gebaut worden, ein einwandfreies Arbeiten derselben wurde aber noch nicht erzielt. Sie können für eine ganz bestimmte Fahrgeschwindigkeit eingestellt werden; Abweichungen von dieser Fahrgeschwindigkeit führen aber in der Regel die entgegengesetzte Wirkung herbei, als die beabsichtigte.

Viel verbreitet ist die vorstehend beschriebene und in Abb. 107 in einfachen Linien dargestellte Einrichtung von Siemens & Halske, bei der die einseitige Wirkung der Gleisstromschließer vermieden ist:

Auf der dem Wegübergang zunächst gelegenen Betriebsstelle ist ein Schaltwerk – Gewichtslaufwerk mit elektromagnetischer Auslösung – aufgestellt. Auf einer Welle W–W dieses Werkes sind die Auslösungsscheibe S1 und davon isoliert die Schaltscheiben S2 und S3 befestigt. Im Ruhezustand hindert die Nase n des Ankerhebels, an der sich die Zähne a, b, c der Auslösungsscheibe S1 fangen, das Werk am Ablaufen. Nach jedesmaliger Auslösung läuft das Werk, bis es mit dem folgenden Zahn an der Nase n abgefangen wird. Sobald ein dem Wegübergang aus der einen oder andern Richtung sich nähernder Zug den ersten Gleisstromschließer K1 oder K3 befährt, erhält der Elektromagnet E Strom aus der beim Schaltwerk stehenden, mit dem einen Pol an Erde liegenden Batterie über die Schleiffeder f2, Schaltscheibe S3, über deren Wulst w2 und das feste Schaltstück k2, Leitung 1, Gleisstromschließer K1 oder K3, Fahrgleis, Erde.

Der Elektromagnet E zieht seinen Anker an; die Nase n gibt das Laufwerk am Zahn a frei; es läuft und wird demnächst am Zahn b wieder abgefangen. Dabei hat sich die Welle W–W so weit gedreht, daß der an der Scheibe S2 befindliche Wulst w1 mit dem festen Stück k1 verbunden ist, so daß jetzt auf dem Weg Batterie – Schleiffeder f1 – Scheibe S2 – Wulst w1 – festes Stück k1 – Leitung 3 das Läutewerk Strom erhält; es wird infolgedessen ausgelöst, das Läuten beginnt und dauert an, solange die Verbindung w1 k1 besteht. Beim Umlauf der Welle W–W hat aber auch der an der Scheibe S3 befindliche Wulst w2 das feste Stück k2 verlassen und ist mit dem festen Stück k3 in Verbindung getreten. Die Leitung 1 ist damit vom Werk abgeschaltet und dafür die nach dem Gleisstromschließer K2 am Wegübergang führende Leitung 2 angeschaltet. Befährt jetzt der inzwischen am Wegübergang angekommene Zug diesen Stromschließer, so erhält der Elektromagnet E zum zweitenmal Strom, u. zw. auf dem Weg Batterie – Elektromagnet E – Schleiffeder f2 – Scheibe S3 – Wulst w2 – festes Schaltstück k3 – Leitung 2 – Stromschließer K2 – Fahrgleis – Erde; er zieht abermals seinen Anker an, die Nase n gibt das Laufwerk wieder frei, es läuft und wird nun am Zahn c abgefangen. Der Wulst w1 hat dabei das feste Schaltstück k1 wieder verlassen, wodurch die Leitung 3 und das Läutewerk wieder von der Batterie abgeschaltet sind; das Läuten hört infolgedessen auf.

Auch die Schaltscheibe S3 hat sich so weit gedreht, daß jetzt die Verbindung w2 k3 aufgehoben und dafür w2 mit k4 in Verbindung gebracht ist. Dadurch ist die Leitung 2 wieder von der Stromquelle ab- und die Leitung 1 wieder angeschaltet. Wenn nun der Zug bei seiner Weiterfahrt den dritten Gleisstromschließer K3 oder K1 befährt, erhält der Elektromagnet E zum dritten Mal Strom, u. zw. auf dem Weg Batterie – Elektromagnet E – f2S3w2 k4 – Leitung 1 – K3 oder K1 – Fahrgleis – Erde. Der Elektromagnet E zieht abermals seinen Anker an; das Werk läuft nun leer, bis es am Zahn a wieder abgefangen wird, womit es für die Betätigung durch eine neue Zugfahrt, sei es aus der einen oder der andern Richtung, wieder bereit ist. Der Leerlauf dauert länger als die Fahrt des längsten Zuges, so daß eine erneute Auslösung des Werkes während der Fahrt, etwa durch die letzten Achsen des Zuges ausgeschlossen ist.

Wie bereits oben erwähnt, müssen die W. für unbewachte Wegübergänge mit selbsttätigem Gewichtsaufzug versehen sein. Siemens & Halske verwenden für diesen Zweck einen Preßgasantrieb nach Abb. 108. Das Preßgas – flüssige Kohlensäure – befindet sich in einer Stahlflasche in der im Handel gebräuchlichen Form von 20 l Inhalt, die im unteren Raum der Läutewerksbude aufgestellt ist. Der Druck der Kohlensäure beträgt bei gefüllter Flasche und mittlerer Wärme der umgebenden Luft etwa 50 Atm. Der Aufzugsantrieb erfordert nur einen Druck von etwa 3 Atm. Die Kohlensäure wird deshalb nach dem Austritt aus der Flasche zunächst durch einen Druckminderer geleitet, in dem sie auf den Arbeitsdruck entspannt wird. Von hier gelangt sie in einen vorgeschalteten Niederdrucksammelbehälter, den sog. Vorschaltbehälter, aus dem sie nach Bedarf durch ein Ventil in den Arbeitszylinder A eintritt. An je einem in die Hochdruckleitung und in die Niederdruckleitung eingefügten Druckanzeiger wird der herrschende Druck abgelesen.

Auf die Seiltrommel des Läutewerks ist außer dem das Antriebgewicht G tragenden Seil S ein zweites Seil gewickelt, das über die Rollen R geführt und dessen Ende an der Grundplatte des Läutewerks befestigt ist. Die Rollen R bilden mit ihrer Lagerung das Haupt einer Kolbenstange, die beim Ablaufen des Gewichts mit ihrem Kolben angehoben wird, so daß beim Läuten der Kolben allmählich von seiner unteren Endlage im Arbeitszylinder A in die obere übergeht. In der oberen Endlage tritt das Rollenhaupt der Kolbenstange unter den Hebel H eines Ventilschnappschalters und legt diesen um. Das hierdurch angehobene Ventil V öffnet der im Vorschaltbehälter aufgespeicherten Kohlensäure mit niederem Druck den Zutritt in den Arbeitszylinder A durch das Rohr r. Der Kolben wird durch den Druck der einströmenden Kohlensäure wieder abwärts bewegt und dadurch das Gewicht aufgezogen. In der unteren Endlage des Kolbens wird durch eine bewegliche Verbindung b des Rollenhaupts mit dem Hebel H das Ventil V wieder umgesteuert, wodurch der weitere Zufluß von Kohlensäure aus dem Vorschaltbehälter abgesperrt und der im Arbeitszylinder enthaltenen Kohlensäure der Austritt in die freie Luft geöffnet wird. Das Spiel wiederholt sich, sobald das ablaufende Gewicht das Rollenhaupt wieder so weit angehoben hat, daß es den Hebel H und das Ventil V von neuem betätigt.

Damit während des Aufziehens das Läuten nicht aufhört, ist an der Seiltrommel des Läutewerks noch ein Stift angebracht, der bei der Aufzugsbewegung einen kleinen Winkelhebel mit besonderem Drahtzug und besonderem Glockenhammer antreibt (s. Läutewerke, elektrische).

Wenn die in der Flasche enthaltene Kohlensäure so weit verbraucht ist, daß der Druck auf etwa 10 Atm. zurückgegangen ist, schließt der Zeiger des Hochdruckanzeigers den Stromkreis einer Meldeklingel auf der Betriebsstelle. Das Klingeln mahnt an den schleunigen Ersatz der Kohlensäureflasche durch eine neue. Diese Stromschlußvorrichtung ist in der Abb. 108 mit K2 bezeichnet. Mit K1 ist in dieser Abbildung der bereits früher erwähnte Stromunterbrecher in Leitung 3 angedeutet, der den Einschlagwecker auf der Betriebsstelle zur Überwachung des Läutens betätigt.

Vor der Verwendung von Gewichtsläutewerken mit selbsttätigem Aufzug als W. für unbewachte Wegübergänge sind für diesen Zweck Läutewerke verwendet worden, z.T. Auch heute noch im Betrieb, bei denen der Glockenhammer unmittelbar durch elektromagnetische Wirkung angetrieben wurde; doch ist es nicht gelungen, auf diese Weise eine ausreichende Lautwirkung hervorzubringen. Der Führer eines Fuhrwerks, das beim Fahren einiges Geräusch verursachte, überhörte das Läuten.

Später wurden die in dem Artikel »Läutewerke« beschriebenen Streckenläutewerke verwendet, die aber nicht durch Gewicht, sondern durch einen kleinen Elektromotor angetrieben wurden. Auch diese Einrichtung hat sich nicht bewährt. Die kleinen Motoren zeigten häufig Mängel und arbeiteten nicht zuverlässig.

Bei beiden Arten waren zum Betrieb verhältnismäßig große Sammlerbatterien erforderlich und dadurch die Stromkosten recht hoch.

Fink.

Abb. 106. Warnungsläutewerk für unbewachte Wegübergänge (einseitig wirkende Gleisstromschließer).
Abb. 106. Warnungsläutewerk für unbewachte Wegübergänge (einseitig wirkende Gleisstromschließer).
Abb. 107. Warnungsläutewerk für unbewachte Wegübergänge (zweiseitig wirkende Gleisstromschließer).
Abb. 107. Warnungsläutewerk für unbewachte Wegübergänge (zweiseitig wirkende Gleisstromschließer).
Abb. 108. Läutewerk mit Preßgasaufzug.
Abb. 108. Läutewerk mit Preßgasaufzug.

http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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