Luxuszüge

Luxuszüge

Luxuszüge (trains de luxe; trains de luxe; treni di lusso), Züge, bei denen durch Ausstattung der Wagen und die Ausbildung des Fahrplans auf die Bequemlichkeit der Beförderung wie überhaupt auf alle Reisebedürfnisse in einer über das Gewöhnliche hinausgehenden Weise Rechnung getragen ist. Hierfür dient in erster Linie die Verwendung von Betriebsmitteln, wie sie in den D-Zügen (s.d.) üblich sind, die Mitführung von Speisewagen und von Schlafwagen derart, daß jeder Reisende einen bequemen Platz für den Aufenthalt während des Tages und zum Einnehmen der Mahlzeiten sowie Gelegenheit zum Ruhen während der Nacht findet. Hieraus ergibt sich ein verhältnismäßig großer Raumbedarf für die einzelnen Reisenden, so daß die Gesamtzahl der Plätze eines L. im allgemeinen nicht über 30–40 hinausgeht. Die Zugkosten sind deshalb verhältnismäßig hoch und dementsprechend müssen auch die Fahrpreise hoch gehalten werden. Die L. können daher als eine Einrichtung für den allgemeinen Reiseverkehr nicht angesehen werden. Bei einem sonst gut durchgebildeten Fahrplan findet sich auch nur an den großen Plätzen des Weltverkehrs eine für die Ablassung von L. genügende Anzahl von Reisenden, so daß diese in der Regel auch nur auf große Entfernungen und über das Gebiet der einzelnen Eisenbahnverwaltungen hinaus eingerichtet werden können. Aus diesem Grunde, besonders aber auch in Rücksicht auf den verhältnismäßig geringen Umfang des Reiseverkehrs, der vielleicht weniger aus den Fahrgeldeinnahmen, als aus den mit der Ablassung von L. verbundenen Nebenzwecken, insbesondere aus dem Wirtschaftsbetrieb in den Zügen einen Gewinn erhoffen läßt, haben sich die Eisenbahnverwaltungen selbst meist der Einrichtung von L. enthalten und sie Privatunternehmungen überlassen. Im großen Durchgangsverkehr des europäischen Festlandes werden in den Fahrplänen ausschließlich solche Zugverbindungen als L. bezeichnet, die von der Internationalen Eisenbahn-Schlafwagen- und Großen Europäischen Expreßzüge-Gesellschaft unterhalten werden. Die hierfür erforderlichen Züge verkehren auf Grund von langfristigen, meist auf 10–15 Jahre zwischen dieser Gesellschaft und den beteiligten Eisenbahnverwaltungen abgeschlossenen Verträgen. Die letzteren stellen in der Regel nur die Zugkraft sowie das zur Überwachung der Sicherheit der Fahrt erforderliche Personal, während die Unternehmerin die Stellung der Wagen, einschließlich der Gepäckwagen, sowie des für die Bedienung der Reisenden nötigen Personals obliegt. Als Entschädigung für die Beförderung der Züge erhalten die Eisenbahnverwaltungen den vollen Erlös aus dem Fahrkartenverkauf – es werden gewöhnlich nur Schnellzugfahrkarten I. Kl. ausgegeben – und der Gepäckbeförderung, während die Unternehmerin der L. als Entschädigung für die Stellung der Wagen und des Personals für die Bedienung der Reisenden einen Zuschlag von 20–40% zum Fahrpreise erhebt. Auf den deutschen Eisenbahnen beträgt der Zuschlag 0∙0225 M/km. Außerdem verbleiben der Gesellschaft die vollen Einnahmen aus den Wirtschaftsbetrieben in den L. – Die Plätze in den L. können einige Zeit vorher durch Vermittlung zahlreicher Reisebureaus gegen Entrichtung einer Vormerkgebühr von 1∙0–2∙5 M. belegt werden. – Da für die tägliche Ablassung der L. ein Bedürfnis nicht immer vorliegt, so wird diese in solchem Falle auf bestimmte Tage der Woche oder auf eine bestimmte Jahreszeit beschränkt. Nach den für den Sommerverkehr 1914 aufgestellten Fahrplänen wurden 22 Zugverbindungen durch L. aufrecht erhalten. Von diesen verkehrten bis 1914 während des ganzen Jahres:


Der L. Nord-Expreß zwischen Berlin und Paris (Ostende) täglich, zwischen Petersburg und Berlin wöchentlich 2mal, Moskau-Berlin wöchentlich 1mal, der L. Orient-Expreß zwischen Ostende-Frankfurt a. M.-Wien-Budapest und Paris-Wien täglich (mit Vereinigung dieser beiden Züge in Wels), zwischen Budapest, Konstantinopel und Constanza an bestimmten Wochentagen, der L. Simplon-Expreß zwischen Calais-Paris-Triest täglich, der L. Peninsular-Expreß zwischen Calais und Brindisi wöchentlich 1mal, der L. Süd-Expreß zwischen Paris und Madrid (Lissabon) täglich, sowie der L. Sibirien-Expreß (I. und II. Kl.) zwischen St. Petersburg-Moskau und Wladiwostok an einzelnen Wochentagen.

Von den übrigen L., die nur in den Wintermonaten, wenn der Verkehr zwischen Nord und Süd, oder nur in den Sommermonaten, wenn der Besuch großer Badeorte einen erheblichen Umfang annimmt, verkehren, seien noch erwähnt: der L. Nord-Süd-Expreß zwischen Berlin und Cannes über den Brenner, der L. Riviera-Expreß zwischen Berlin und Ventimiglia über Lyon, der L. Berlin-Tirol-Rom, die L. Berlin-Neapel und Berlin-Ägypten über den Brenner, der L. Wien-Tirol-Riviera zwischen Wien und Cannes über Villach-Franzensfeste-Bozen, der L. Wien-Rom-Neapel, der L. Engadin-Expreß zwischen Calais (Paris) und St. Moritz, der L. Paris-Rom sowie der L. St. Petersburg-Wien-Nizza.


Einzelne Luxuswagen (Salonwagen, Aussichtswagen) verkehren wohl auch regelmäßig in gewöhnlichen Schnellzügen, so z.B. in Belgien und Österreich.

In Amerika, wo das Bedürfnis für bequem eingerichtete Wagen mit Rücksicht auf die Länge der zu durchfahrenden Strecken sich von jeher in erhöhtem Maße geltend gemacht hat, sind Luxuswagen und mit solchen ausgerüstete Züge in großem Umfange von der bekannten Pullman Palace Car Company erbaut und in Betrieb gesetzt worden. Außer den in den europäischen L. üblichen Einrichtungen bieten die amerikanischen L. den Reisenden noch einige weitere Bequemlichkeiten. Sie enthalten insbesondere auch eine Bibliothek mit Leseraum, ein Schreibzimmer, Spielzimmer sowie Frisier- und Barbierabteile (vgl. Büte u. v. Borries, Die Nordamerikanischen Eisenbahnen in technischer Beziehung, Wiesbaden 1892). Für die Benutzung der L. wird hier ebenfalls ein Zuschlag zum Fahrpreis I. Kl. erhoben, der ursprünglich 0∙6 Ct. f. d. Meile betrug, der aber heute kein einheitlicher ist. Er beträgt beispielsweise für die Fahrt von New York nach Chicago (rd. 1500 km) für ein Bett 20∙5 M., für ein ganzes einseitiges Abteil 41 M. und für ein geschlossenes Abteil 68∙60 M. – Die Vereinbarungen zwischen den Eisenbahnverwaltungen und der Pullman-Gesellschaft beruhen auf verschiedener Grundlage. Einige Eisenbahnen führen den Betrieb mit Pullman-Wagen auf eigene Rechnung, während die Mehrzahl den Reingewinn mit der Gesellschaft teilt, u.zw. in der Regel so, daß jedem etwa die Hälfte zufällt (vgl. W. Hoff u. F. Schwabach, Nordamerikanische Eisenbahnen, Berlin 1906).

In England sind Luxuswagen der Pullman-Gesellschaft zuerst im Jahre 1875 von der Midland-Eisenbahn eingeführt worden. Sie sind aber nie beliebt gewesen, weil der englische Reisende ebenso wie der deutsche die abgeschlossenen Abteile den offenen Innenräumen der amerikanischen Wagen vorzieht. Eigentliche L. sind auf den englischen Bahnen nur in beschränktem Umfange eingerichtet. Unter anderen haben die London and South Western-, die London-Brighton- and South Coast-Eisenbahn Züge, in denen Pullman-Wagen gegen Leih gebühr laufen, in Dienst gestellt (s.a. Expreßzüge).

Breusing.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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