Sandgleis

Sandgleis

Sandgleis, Vorrichtung zum Auffangen von Eisenbahnfahrzeugen oder ganzen Zügen durch Sandbedeckung der Schienen.


Um ein Gegenstoßen eines in einen Kopfbahnhof einlaufenden Zuges gegen den Endprellbock zu verhindern oder zu mildern, hat man häufig statt sonst zu diesem Zweck angewendeter Prellböcke besonderer Bauart (Wasserdruckbuffer, Rawiescher Prellbock) lediglich die Fahrschienen auf eine gewisse Länge vor dem Endprellbock mehrere cm hoch mit Sand bedeckt.

Den Namen S. (oder auch Sandweiche) führt eine von dem verstorbenen Geheimrat Dr.-Ing. Köpcke in Dresden erfundene Vorrichtung, die dieselbe Wirkung des Sandes nicht auf dem eigentlichen Fahrgleis, sondern auf einem durch Gleisverschlingung neben das Fahrgleis gelegten Gleisstück anwendet, in das der aufzuhaltende Zug oder die aufzuhaltenden Fahrzeuge mittels Weiche abgelenkt werden. Das S. ist nicht nur, wie die Besandung des Fahrgleises, bei stumpf endenden Gleisen, sondern namentlich auch bei durchlaufenden Gleisen anwendbar. Es wird dann auch an seinem hinteren Ende mittels Weiche an das Fahrgleis angeschlossen, so daß bei nicht ganz vollständiger Aufhaltewirkung der Zug u.s.w. zur Vermeidung einer Entgleisung wieder in das Fahrgleis zurückgelenkt wird.

Abb. 164 zeigt solche Anordnung im Lageplan, Abb. 165 u. 166 zeigen den Querschnitt in 2 Ausführungsformen. Die beiden Schienen des S. sind gegen die Schienen des Fahrgleises um 40–45 mm mittels Rampe gesenkt (oder letztere entsprechend gehoben) und in einen Sandkoffer gebettet, der etwa bis zur Höhe der Fahrschienen reicht, die Schienen des S. also in 40 bis 45 mm Höhe überdeckt. Der Sandkoffer wird entweder von 2 besonderen Begrenzungsschienen eingefaßt (Abb. 165), die zugleich als Leitschienen gegen Entgleisungsgefahr dienen, oder (Abb. 166) die eine der beiden Begrenzungen des Sandkoffers wird durch die Fahrschiene selbst gebildet. In diesem Fall braucht die Gleisachse des S. gegen diejenige des Fahrgleises nur um 130 bis 140 mm verschoben zu sein, was die Anwendung auch bei sehr beschränkten Breitenverhältnissen, z.B. zwischen 2 Bahnsteigkanten oder innerhalb der Pfeiler einer Überführung, im Tunnel u.s.w. ermöglicht. Hölzerne Einfassungen des Sandkoffers sind weniger geeignet wegen mangelhafter Wirkung gegen etwaige Neigung zu Entgleisungen.

Der Sand muß grobkörnig und lehmfrei sein, damit er auch bei Frost nach nasser Witterung nicht gefriert. In Dresden hat man mit gutem Erfolg Syenitgrus verwendet. Die Bremswirkung ermittelt Köpcke nach eigenen und nach in England angestellten Versuchen mit etwa 0∙1. Nach seinen Mitteilungen (Ztg. d. VDEV. 1911, S. 105–121) haben sich S. auf dem Rangierbahnhof Dresden-Friedrichstadt zum Auffangen entlaufener Wagen wiederholt, außerdem in einzelnen Fällen zum Aufhalten von Zügen vor gefahrdrohender Einfahrt, bewährt. Die Nichtbewährung einer wieder beseitigten Anlage auf dem Bahnhof Peiskretscham (Stellwerk 1909, S. 126) scheint auf die Lage in einer Krümmung und auf die Verwendung von Holz zur Begrenzung des Sandkoffers zurückzuführen zu sein. Die beiden Weichen eines an beiden Enden angeschlossenen S. werden zweckmäßig gekuppelt. Wo ein S. im Rahmen einer Sicherungsanlage bei verbotener Einfahrt oder Weiterfahrt auf Ablenkung stehen soll, wird die Einstellung der Weiche auf das Fahrgleis zweckmäßig nicht von der Fahrtstellung des Signalhebels, sondern von derjenigen eines besonderen Hebels abhängig gemacht, der wie ein Riegelhebel nach Richtigstellung der übrigen Weichenhebel umzulegen ist, während erst die Umlegung des Fahrstraßenhebels den Signalhebel freigibt. Andernfalls kann es vorkommen (und ist vorgekommen), daß ein Zug noch vor Einstellung der Weiche auf das Fahrgleis sich durch die Fahrtstellung des Signals zur Weiterfahrt veranlassen läßt.


Literatur: Außer obigem Aufsatz von Köpcke Oder, Hb. d. Ing. W. Bd. V, IV, 1, S. 72, wo weitere Literaturangaben.

Cauer.

Abb. 164.
Abb. 164.
Abb. 165.
Abb. 165.
Abb. 166.
Abb. 166.

http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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