Eisenbahnpfandrecht

Eisenbahnpfandrecht

Eisenbahnpfandrecht.


Inhalt: I. Pfandrecht an Eisenbahnen. 1. Einleitung, 2. Die Verhältnisse in den einzelnen Ländern. II. Pfandrecht an Fahrbetriebsmitteln.


I. Pfandrecht an Eisenbahnen.


1. Einleitung. Privateisenbahnen sind Erwerbsunternehmungen, die in ihren Vermögensverhältnissen den Normen des Privatrechts unterstehen, soweit nicht das zum Schutze des öffentlichen Interesses erlassene öffentliche Recht sie in ihrer privatrechtlichen Freiheit beschränkt. Die Privatbahnen aber, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, sollen auch, solange die wirtschaftlichen Voraussetzungen vorhanden sind, unter denen sie betrieben werden können, nicht im Interesse einzelner dem öffentlichen Verkehre entzogen werden. Eine rechtliche Sicherheit soll dafür gegeben werden, daß der Unternehmer nicht einzelne, zum Betriebe der Bahn erforderliche Gegenstände veräußert, oder daß die Gläubiger des Unternehmens einzelne Gegenstände dieser Art im Wege der Zwangsvollstreckung dem Unternehmen entziehen und dadurch den Betrieb der Bahn unterbrechen oder gefährden.

Dies kann dadurch erreicht werden, daß die für das Bahnunternehmen bestimmten Gegenstände (Grundstücke, Gebäude, Betriebsmaterialien, die für das Unternehmen bestimmten Fonds u.s.w.) rechtlich zu einer Einheit, der Bahneinheit, vereinigt werden, deren einzelne Teile dem Unternehmen nicht entfremdet werden dürfen. Hierdurch wird zugleich eine Grundlage geschaffen, um dem Unternehmen einen Realkredit zu sichern, der seinem wirtschaftlichen Werte entspricht. Dem Unternehmer wird es dadurch erleichtert, die für die Herstellung und den Betrieb der Bahn erforderlichen Kapitalien an sich heranzuziehen, indem den Gläubigern in der Bahneinheit eine genügende Sicherheit für ihre Forderungen gegeben wird. Bildet die Bahn samt den dem Unternehmen gewidmeten Vermögenswerten eine rechtliche Einheit, so kann den Gläubigern an ihr ein Grundpfandrecht (Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld) bestellt werden, das die unbeweglichen wie die beweglichen Sachen und die Forderungen des Unternehmers ergreift.


2. Die Verhältnisse in den einzelnen Ländern.


In Österreich sind im Jahre 1874 umfassende Gesetze erlassen worden, die diese Zwecke verfolgen und in gleicher Weise das Interesse des öffentlichen Verkehrs wie die Interessen der Eisenbahnen und der Eisenbahngläubiger zu sichern suchen. Zahlreiche seit 1867 gegründete Eisenbahngesellschaften gerieten in der wirtschaftlichen Krisis, die im Jahre 1873 über Österreich hereinbrach, in Not und konnten die mit staatlicher Genehmigung ausgegebenen Inhaberpapiere, die sog. Prioritätsobligationen, nicht oder nicht regelmäßig verzinsen. Den Gläubigern war zwar ein Pfandrecht zugesichert, aber es zeigte sich, daß dies Pfandrecht ohne Wert war. Die Eisenbahngrundstücke waren nicht in die Grundbücher eingetragen. Das Pfandrecht war nur für die Gesamtheit der Inhaber der Obligationen bestellt und konnte deshalb nicht von den einzelnen Inhabern, sondern nur von der Gesamtheit geltend gemacht werden. Ihr aber fehlte es an einem Organ, das sie zu vertreten berechtigt gewesen wäre. Sollte nicht das ganze, in Eisenbahnobligationen angelegte Kapital gefährdet und gleichzeitig der Kredit der Eisenbahngesellschaften dauernd geschädigt werden, so mußte die Gesetzgebung es ermöglichen, daß den Gläubigern eine dingliche Sicherheit gegeben werde, ohne dadurch das öffentliche Interesse an der Erhaltung und dem ungehinderten Betrieb der Eisenbahnen zu beeinträchtigen. Zu diesem Zwecke wurden die beiden im Zusammenhange stehenden Gesetze vom 24. April und 19. Mai 1874 erlassen. Nach dem Ges. vom 19. Mai 1874, das durch Ges. vom 23. Mai 1883 (§§ 46–48) ergänzt worden ist, sind alle Eisenbahnen eines Kronlandes in das Eisenbahnbuch des Landes, und wenn die Eisenbahn über mehrere Kronländer sich erstreckt, in das Eisenbahnbuch eines dieser Länder einzutragen. Durch die Eintragung werden sämtliche unbewegliche Bestandteile der Bahn, sowie das Betriebsmaterial, zu einer rechtlichen Einheit verbunden. Sie bildet allen Gläubigern gegenüber eine Einheit und kann nur durch Eintragung auf dem Lastenblatt des Eisenbahnbuches verpfändet werden. Insbesondere ist eine Zwangsvollstreckung in einzelne, zu dieser Einheit gehörige Gegenstände ausgeschlossen. Die Ausgabe von Prioritätsobligationen darf erst erfolgen, nachdem für den Gesamtbetrag des Anlehens das Pfandrecht auf die Eisenbahneinheit in das Eisenbahnbuch eingetragen ist. Die Eisenbahngesellschaften, die vor Erlaß des Gesetzes Prioritätsobligationen ausgegeben hatten, wurden verpflichtet, für deren Gesamtbetrag ein Pfandrecht eintragen zu lassen. Das Ges. vom 24. April 1874 (ergänzt durch Ges. vom 5. Dezember 1877) ordnet an, daß in allen Fällen, in denen die Gesamtheit der Besitzer von Inhaberpapieren oder von durch Indossament übertragbaren Teilschuldverschreibungen einer gemeinsamen Vertretung bedarf, das Gericht einen Kurator zu bestellen hat. Nach dem Ges. vom 5. Dezember 1877 haben die Besitzer von Inhaberpapieren und indossablen Teilschuldverschreibungen auch Vertrauensmänner zu wählen, deren Gutachten der Kurator in allen Angelegenheiten, für die staatliche Genehmigung erforderlich ist (Aufnahme neuer Anlehen, Verkäufe, Fusionen), einholen muß.

Früher noch als in Österreich war in Ungarn durch Ges. vom 7. April 1868 die Einrichtung eines besonderen Bahngrundbuchs angeordnet worden. Durch Eintragung in dieses wird den Pfandgläubigern der Eisenbahnen an dem gesamten unbeweglichen Vermögen der Eisenbahngesellschaft, das in rechtlicher Beziehung eine Einheit bildet und nur als Ganzes mit einem Pfandrecht belastet werden kann, ein Pfandrecht für ihre Forderungen bestellt. Das Verfahren ist durch das Ges. von 1881 (Gesetzartikel 61) dem Verfahren, wie es in Österreich geordnet ist, ähnlich geworden. Besondere Bestimmungen über das bewegliche Vermögen, insbesondere über das Betriebsmaterial, enthält das Gesetz ebensowenig wie solche über die Zwangsvollstreckung gegen Eisenbahnen.

Auf ähnlicher Grundlage wie die österreichische Gesetzgebung beruht in der Schweiz das Bundesges. vom 24. Juni 1874 (mit einer kleinen, durch Ges. vom 20. Dezember 1878 herbeigeführten Abänderung). Eine Eisenbahngesellschaft kann hiernach für Anlehen, die zum Bau einer Eisenbahn oder zur Förderung des Eisenbahnunternehmens bestimmt sind, den Gläubigern ein Pfandrecht an ihrem ganzen Eisenbahnnetz oder an einzelnen Linien bestellen. Doch ist sie hierzu nicht, w ie in Österreich, verpflichtet. Das Pfandrecht umfaßt den Bahnkörper und die damit zusammenhängenden Grundstücke sowie das gesamte Betriebsmaterial. Die Bestellung erfolgt nach Genehmigung des Bundesrats durch Eintragung in das Eisenbahngrundbuch der Schweiz. Die Pfandgläubiger dürfen aber durch Geltendmachung ihrer Rechte den Betrieb der Bahn nicht hemmen und können gegen den Verkauf der Bahn oder einzelner Linien sowie gegen Veräußerung eines größeren Teils des Betriebsmaterials nur Einspruch erheben, wenn die Sicherheit ihrer Pfandforderung dadurch gefährdet wird. Über den Einspruch hat das Bundesgericht zu entscheiden. Kommt die Gesellschaft ihren Verpflichtungen gegenüber den Besitzern der Obligationen nicht nach, so kann die Versammlung derselben den Antrag auf Geltendmachung des Pfandrechtes beschließen. Befriedigt sodann die Gesellschaft innerhalb einer vom Bundesgericht gestellten Frist die Gläubiger nicht, so ordnet das Bundesgericht die Liquidation der Gesellschaft an, bestellt einen Massen Verwalter und hat Vorsorge zu treffen, daß der Betrieb der Bahn nicht unterbrochen wird. Das Verfahren endet mit der Versteigerung der Bahn als eines einheitlichen Unternehmens. Angebote werden aber nur von solchen Unternehmern angenommen, die sich vorher bei dem Bundesrat darüber ausgewiesen haben, daß sie nicht nur den Kaufpreis zu zahlen vermögen, sondern daß sie auch im stände sind, das Bahnunternehmen nach Maßgabe der Konzession weiter zu betreiben. Erst wenn bei einer zweiten Versteigerung kein genügendes Angebot gemacht wird, hat das Bundesgericht nach Anhörung des Bundesrates, der Kantonsregierungen und der Versammlung der Gläubiger anderweit sachgemäße Verfügung zu treffen. – Das Gesetz ist neben dem Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 (Art. 944) in Kraft geblieben.

In Deutschland, wo fast sämtliche Hauptbahnen Staatsbahnen sind, hat nur Preußen ein Gesetz über das Pfandrecht an Privateisenbahnen und die Zwangsvollstreckung an diesen erlassen, insbesondere mit Rücksicht auf die große Zahl von Kleinbahnen, die auf Grund staatlicher Genehmigung von Privatgesellschaften errichtet und betrieben werden. Das Reichsrecht läßt hierfür dem Landesrecht im weitesten Umfang Raum (Einführungsgesetze zum bürgerlichen Gesetzbuch Art. 112, Zivilprozeßordnung § 871, Grundbuchordnung § 83 u.s.w.). Um die Bestimmungen des am 19. August 1895 erlassenen Gesetzes an das bürgerliche Gesetzbuch und die zu seiner Durchführung und Ausführung erlassenen Reichs- und Landesgesetze anzupassen und seine Handhabung zu erleichtern, ist das Ges. von 1895 einer Revision in dem Ges. vom 11. Juni 1902 unterzogen worden. Der dadurch abgeänderte und neugestaltete Text des Gesetzes ist durch die Bekanntmachung vom 8. Juli 1902 mit der Überschrift »Gesetz über die Bahneinheiten« in der Gesetzsammlung veröffentlicht worden. Eine jede Privateisenbahn, die dem Eisenbahnges. vom 3. Nov. 1838 untersteht und jede Kleinbahn, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist, bildet mit den dem Unternehmen gewidmeten Vermögensstücken rechtlich eine Bahneinheit, auf die die Rechtssätze über das unbewegliche Vermögen Anwendung finden. Die Bahneinheit entsteht mit der Genehmigung zur Eröffnung des Betriebs auf der ganzen Strecke. Wird aber die Bahn schon vorher in das Bahngrundbuch eingetragen, so entsteht sie mit der Eintragung. Sobald die Genehmigung für das Bahnunternehmen erteilt ist, ist der Unternehmer berechtigt, die Eintragung zu bewirken. Die Amtsgerichte, in deren Bezirk Hauptverwaltungen von Bahnen ihren Sitz haben, haben ein Bahngrundbuch anzulegen. Jede Bahneinheit erhält ein Grundbuchblatt in dem Grundbuch des Bezirks, in dem ihre Hauptverwaltung ihren Sitz hat. Der Unternehmer ist aber nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt, die Eintragung zu beantragen. Ist sie nicht auf Antrag des Unternehmers erfolgt, so hat sie die Aufsichtsbehörde nur dann zu bewirken, wenn eine Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung in das Bahngrundbuch einzutragen ist. Will aber der Unternehmer der Bahn ein Grundpfandrecht (Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld) bestellen, so muß vorher die Eintragung der Bahn in das Bahngrundbuch erfolgen und die Bestellung kann nur durch Eintragung in dasselbe geschehen. Die Eintragung erfolgt ohne Bezeichnung der Gläubiger, wenn die Schuld durch Ausgabe von Inhaberpapieren (Prioritätsobligationen) aufgenommen wird.

Gerät das Bahnunternehmen durch finanzielle Schwierigkeiten in eine Notlage, dann kann die in einer Versammlung organisierte Gesamtheit der durch ein Pfandrecht gesicherten Besitzer der Inhaberpapiere im Interesse der Erhaltung des Unternehmens wie in ihrem eigenen Interesse ihre Rechte vermindern oder teilweise aufgeben. Es finden darauf die Bestimmungen des Reichsgesetzes vom 4. Dezember 1899 über die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen Anwendung.

Erfüllt ein Bahnunternehmer seine Verpflichtungen gegen die Gläubiger nicht und hat ein Gläubiger einen Vollstreckungstitel (rechtskräftiges Urteil u.s.w.) erlangt, so kann er die Zwangsverwaltung oder die Zwangsversteigerung der Bahneinheit beantragen. Eine Zwangsverwaltung kann aber, solange die Genehmigung zum Betrieb der Bahn noch nicht erloschen ist, nur angeordnet werden, wenn die staatliche Aufsichtsbehörde vorher erklärt hat, daß die Einkünfte aus der Zwangsverwaltung den Ausgaben aus der Verwaltung und den Kosten des Verfahrens voraussichtlich entsprechen werden oder daß die hierfür bereitgestellte Deckung voraussichtlich ausreichen wird. Auch kann die Aufsichtsbehörde, sofern über das Vermögen des Unternehmers Konkurs eröffnet ist, selbst die Anordnung einer Zwangsverwaltung veranlassen. Sie hat auch den Verwalter zu ernennen, ihn mit Anweisungen zu versehen, seine Geschäftsführung zu beaufsichtigen u.s.w. Findet eine Zwangsversteigerung statt, so ist die Aufsichtsbehörde vor Feststellung der Kaufbedingungen zu hören. Die Erteilung des Zuschlags erfolgt nur unter der Bedingung, daß der Ersteher die staatliche Genehmigung zum Betrieb der Bahn erhält. Wird die Genehmigung nicht erteilt, so hat das Gericht den Beschluß, durch den der Zuschlag erteilt ist, aufzuheben und den Zuschlag zu versagen.

Die Auflösung der Bahneinheit erfolgt, sofern die Bahn nicht in das Bahngrundbuch eingetragen ist, mit dem Zeitpunkt, an dem die Genehmigung zum Betrieb des Bahnunternehmens erlischt. Der Erlöschung der Genehmigung steht es gleich, wenn die Bahnaufsichtsbehörde die zur Einleitung der Zwangsverwaltung erforderliche Erklärung versagt oder wenn in einer Zwangsversteigerung auch im zweiten Versteigerungstermin der Zuschlag nicht erteilt werden kann. Ist dagegen die Bahn in das Bahngrundbuch eingetragen, so wird die Bahneinheit erst mit Schließung des Bahngrundbuchblattes aufgelöst. Sind keine Bahngrundschulden eingetragen, so hat die Schließung zu erfolgen, sobald dem Amtsgericht amtlich das Erlöschen der Genehmigung mitgeteilt ist. Anderenfalls wird das Grundbuchblatt erst geschlossen, nachdem alle Pfandrechte gelöscht oder das Zwangsliquidationsverfahren beendet ist, oder nach Ablauf von 6 Monaten seit Bekanntmachung des Erlöschens der Genehmigung, wenn binnen dieser Frist ein Antrag auf Zwangsliquidation nicht gestellt oder ein solcher Antrag durch Zurücknahme oder Abweisung erledigt wird.

Ist die Genehmigung zum Bahnbetrieb erloschen, so kann nur eine Zwangsliquidation zur abgesonderten Befriedigung der Bahnpfandgläubiger aus den einzelnen Bestandteilen der Bahneinheit stattfinden. Jeder Pfandgläubiger, aber auch der Unternehmer oder der Konkursverwalter kann sie beantragen. Während der Liquidation dauert die Bahneinheit noch fort, um zu verhindern, daß einzelne Bestandteile der Bahneinheit der pfandrechtlichen Verfangenheit zum Nachteil der Pfandgläubiger entzogen werden. Ist die Zwangsliquidation durch das Amtsgericht, bei dem das Bahngrundbuch geführt wird, beschlossen und bekanntgemacht, so sind die Pfandrechte sämtlicher Bahnpfandgläubiger durch den vom Gericht bestellten Liquidator als dem Vertreter aller Pfandgläubiger geltend zu machen. Die Versammlung der Gläubiger hat einen Ausschuß zu wählen, dessen Genehmigung der Liquidator zu den im Gesetze bestimmten Verfügungen einzuholen hat. Die Bahn kann auch als Einheit an einen Unternehmer veräußert werden, wenn diesem die staatliche Genehmigung zur Fortführung des Unternehmens erteilt wird. Andernfalls sind die einzelnen Bestandteile der Bahneinheit als solche zu verwerten und der Erlös zu verteilen. Ist die Liquidation beendet, so wird das Grundbuchblatt geschlossen.

In Frankreich bilden nach dem Ges. vom 15. Juli 1845 die vom Staate konzessionierten Privateisenbahnen nebst den Bahnhöfen und anderen für den Betrieb erforderlichen Anstalten (nicht aber das Betriebsmaterial) insofern eine rechtliche Einheit, als sie dem Privateigentum entzogen und Teile des domaine public sind.

Sie sind infolgedessen unveräußerlich und unterliegen nicht der gerichtlichen Beschlagnahme und der Zwangsvollstreckung. Auch können sie nicht verpfändet werden. Wenn die Gesellschaft ihren Pflichten nicht nachkommt, so kann der Staat auf Antrag der Gläubiger das Eisenbahnunternehmen in Sequester nehmen und verwalten lassen, um den Gläubigern zu einer Befriedigung ihrer Forderungen zu verhelfen.

In Großbritannien können die Liegenschaften und das unbewegliche wie das rollende Betriebsmaterial einer Eisenbahn nach dem Ges. von 1867 (Railway Companies Act, 30 et 31 Vict. ch. 127, ergänzt durch Ges. von 1875, 35 et 39 Vict. ch. 31) nicht verpfändet werden, sondern nur die Einnahmen aus dem Unternehmen. Erlangt ein Gläubiger gegen eine Eisenbahngesellschaft ein auf Zahlung lautendes Urteil, so ist es in der Weise zu vollstrecken, daß ein Verwalter (receiver oder manager) bestellt wird, der die Bahn zu verwalten und die Gläubiger zu befriedigen hat, aber erst nachdem für die Betriebsausgaben und andere notwendige Aufwendungen genügend Vorsorge getroffen ist. Wird über das Vermögen der Gesellschaft Konkurs erkannt, so kann das Unternehmen verkauft werden. Diese Bestimmungen finden auch Anwendung auf die Kleinbahn-(light railway)-Gesellschaften, nach dem Light Railways Act von 1896, sect. 12 (59 et 60 Vict. ch. 48).

Wohl in keinem anderen Lande wird die einheitliche gesetzliche Normierung des Pfand- und Konkursrechtes der Eisenbahnen durch das öffentliche Interesse wie durch das Interesse der Gläubiger in so hohem Maße geboten wie in den Vereinigten Staaten Amerikas. Sind doch in den Jahren 1876–1911 724 Bahnunternehmungen in Konkurs geraten mit einem Aktien- und Obligationenkapital im Betrage von 7.443,560.000 $ (Archiv für Eisenbahnwesen Bd. 30, S. 788, Bd. 35, S. 480, S. 1069). Allerdings ist die Zahl der Konkurse, trotz der großen Ausdehnung, die das Eisenbahnnetz im letzten Jahrzehnt erfahren hat, sehr gesunken. Während im Jahre 1893 74 Bahnen in Konkurs gerieten mit einem Kapital von 1.781,046.000 $, sind in den Jahren 1902–1911 nur 86 Bahnen mit einem Kapital von 1.244,063.000 $ in Konkurs geraten, im Jahre 1910 nur 7, im Jahre 1911 nur 5 Bahnen. Die schwachen Gesellschaften sind ausgemerzt und ihre Bahnen mit den stärkeren vereinigt worden. Der Zusammenbruch zahlreicher Bahngesellschaften in den früheren Jahrzehnten, der in der Zukunft sich wiederholen kann, hat aber die Union nicht veranlaßt, ein Bundesgesetz zu erlassen, obwohl die Verfassung der Union (Art. I, ect. VIII, 4) dem nicht entgegensteht. Die in den einzelnen Staaten erlassenen Gesetze beruhen auf derselben Grundlage des Common Law, sind aber in ihren Einzelheiten sehr verschieden ausgestaltet. Die Grundzüge des in den meisten Staaten geltenden Rechts sind folgende: Die Eisenbahngesellschaften können das gesamte, für das Unternehmen bestimmte Vermögen verpfänden. Doch muß das Pfandrecht in dem Distrikt, in dem die Vermögensgegenstände belegen sind, in das Register des Recorder of deeds eingetragen werden, nur in einigen Staaten (Illinois, Florida, Wisconsin u.s.w.) genügt die Eintragung in ein vom Staatssekretariat zu führendes Landesregister. Kommt die Gesellschaft ihren Verpflichtungen gegen ihre Gläubiger nicht nach, so kann das Gericht auf Antrag eines derselben (meist aber erst nach Ablauf einer längeren Frist) einen Verwalter (receiver) bestellen oder auch die bisherigen Direktoren oder andere Personen zu trustees einsetzen. Große Schwierigkeiten entstehen, wenn, wie dies sehr häufig vorkommt, das Bahnunternehmen sich über mehrere Staaten erstreckt. Nur in wenigen Staaten ist der in einem anderen Staate bestellte receiver ermächtigt, die in ihrem Gebiete liegenden Strecken der Bahn zu verwalten. Werden trustees eingesetzt, so haben sie jährlich einmal die Gläubiger zu einer Versammlung einzuberufen. In einigen Staaten (Massachusetts, New Hampshire) hat die Gläubigerversammlung die trustees zu wählen. Der receiver wie die trustees haben das Unternehmen im Interesse der Gläubiger zu verwalten und sind berechtigt, das Unternehmen zu verkaufen, u. zw. entweder unter Aufrechthaltung der Pfandrechte (without forclosure) oder in der Art, daß die Pfandrechte durch den Verkauf untergehen (with forclosure). Doch kann dies letztere nur auf Grund eines Gerichtsbeschlusses (forclosure decree) und meist erst nach Ablauf einer mehrjährigen Frist geschehen.


II. Pfandrecht an Fahrbetriebsmitteln.


Von dem Pfandrecht an Bahneinheiten ist das Pfandrecht zu unterscheiden, das auf Grund eines vollstreckbaren Titels dem vollstreckenden Gläubiger an Sachen und Forderungen zusteht, die dem Eisenbahnunternehmer gehören. Durch die Pfändung erwirbt der Gläubiger ein Pfandrecht an der gepfändeten Sache oder dem gepfändeten Forderungsrecht. Die gepfändete Sache wird öffentlich versteigert und aus dem Erlös der Gläubiger befriedigt, die gepfändete Forderung ihm überwiesen. Insoweit die Sache oder die Forderung zu der Bahneinheit gehört, ist sie als einzelne Sache oder Forderung auch dem Pfandrecht entzogen, wie sich aus den obigen Erörterungen ergibt. Aber auch soweit eine Bahneinheit durch das Recht nicht geschaffen ist, erfordert doch das öffentliche Interesse, daß der Betrieb einer dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Bahn nicht dadurch gehindert oder gestört werde, daß einzelne Sachen, die zum Fahrbetrieb dienen, die sog. Fahrbetriebsmittel, durch Pfändung ihrem Zwecke entzogen werden. Das Recht des einzelnen Gläubigers muß hinter dem öffentlichen Interesse zurückstehen. In Deutschland hat deshalb das Reichsgesetz vom 3. Mai 1886 bestimmt, daß Fahrbetriebsmittel der Eisenbahnen, die Personen oder Güter im öffentlichen Verkehr befördern, von der ersten Einstellung in den Betrieb bis zur Ausscheidung aus den Beständen der Pfändung nicht unterworfen sind. Doch werden sie im Falle des Konkursverfahrens von der Konkursmasse nicht ausgeschlossen.

In der internationalen Verkehrsgemeinschaft, in der die Eisenbahnen der verschiedenen Staaten untereinander stehen, gelangen die Fahrbetriebsmittel der Bahnen eines Staates tagtäglich in das Gebiet anderer Staaten. Auch insoweit das Recht des Heimatsstaates einer Bahn eine Bahneinheit geschaffen hat, erstrecken sich die Rechtswirkungen der Bahneinheit doch nicht auf das Gebiet fremder Staaten, wie auch das deutsche Reichsgesetz von 1886 nur im Inlande seine Wirkungen ausübt. Gelangen die Fahrbetriebsmittel in das Ausland, so können deshalb auf Grund eines von dem Gericht des ausländischen Staates erlassenen Vollstreckungstitels die zu den Fahrbetriebsmitteln gehörenden Sachen und die aus dem Transporte herrührenden Forderungen der Bahn gegen einen in diesem Staate wohnenden Schuldner, insbesondere gegen eine schuldnerische Eisenbahn, die diesem Staate angehört, gepfändet oder mit Arrest belegt werden. Dadurch wird aber der internationale Verkehr der Eisenbahnen gefährdet. Das Reichsgesetz von 1886 hat deshalb weiterhin bestimmt, daß seine Vorschrift auch auf die Fahrbetriebsmittel ausländischer Eisenbahnen Anwendung finde, sofern die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Dies ist in Österreich geschehen durch die auf Grund des § 14 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867 erlassene kaiserl. Verordnung vom 29. September 1886, die die Genehmigung des Reichsrates erhalten hat, und in Ungarn durch das Ges. von 1886 (Gesetzartikel 32). Inzwischen aber haben das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Rußland und die Schweiz das Übereinkommen vom 14. Oktober 1890 über den internationalen Eisenbahnfrachtverkehr geschlossen, dem in der Folge Dänemark (1897), Rumänien (1904) und Schweden (1907) beigetreten sind. Nach diesem völkerrechtlichen Vertrag, Art. 23, kann das rollende Material der Eisenbahnen mit Einschluß sämtlicher beweglicher, der Eisenbahn gehörenden Sachen, die sich in diesem Material vorfinden, sowie die aus dem internationalen Transport herrührenden Forderungen der Eisenbahnen untereinander nicht mit Arrest belegt oder gepfändet werden, außer in dem Falle, daß der Arrest oder die Pfändung auf Grund einer Entscheidung eines Gerichts des Staates angeordnet wird, dem die Eisenbahn angehört. Dadurch ist für den größten Teil Europas der internationale Eisenbahnverkehr gegen Störungen geschützt, die durch Ausübung des Pfandrechts an Fahrbetriebsmitteln verursacht werden können.

Literatur: Meili, Pfand- und Konkursrecht der Eisenbahnen (1879). – B. Haberer, Geschichte des Eisenbahnwesens (1884) S. 123 ff. – Stimson, American Statute Law, II (1892), S. 166 ff., 185 ff., 322 ff., 498 ff. – Rosenthal, Internationales Eisenbahnfrachtrecht (1894) 293 ff. – Neuhold, Das österreichische Grundbuchwesen (1904) S. 289 ff. – Eger, Kommentar zu dem preußischen Gesetz vom 11. Juni 1902 (1905). – Brown and Theobalds, Law of Railway Companies, 14 ed. London (1911). – Fröhlich, im Österr. Staatswörterbuch, Bd. I, S. 780 ff. (1905).

Loening.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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